Freitag, 27. Juni 2014

Album-Vorstellung: Malky "Soon"

Malky
Malky - Was im ersten Moment nach der Verschmelzung zweier Schokoriegel klingt ist das musikalische Projekt von Daniel Stoyanov und Michael Vajna. Die beiden Männer lernten sich vor Jahren in der Quadratestadt Mannheim kennen. Kurze Zeit später infiltrierten sie bereits gemeinsam die deutsche Popbranche, schrieben Songs für verschiedene Mainstream-Größen und zogen hinter den Kulissen der bunten Flimmerwelt gehörig an den richtigen Fäden. Daniel verfolgte darüber hinaus eine Karriere als Schnulzensänger und kämpfte sich mit kitschigen Balladen bis an die Seite von Xavier Naidoo. Wie kommt es nun aber, dass genau diese Herren aktuell in den Fokus unserer Berichterstattung geraten sind? Distanzieren wir uns sonst doch nur allzu gern von der Künstlichkeit der klebrigen Chartindustrie. Nun, Daniel und Michael haben an der richtigen Stelle Mut bewiesen und den Sprung ins kalte Wasser gewagt. Nachdem ihnen der kommerzielle Erfolg nicht das geben konnte, wonach sie gesucht hatten, ließen sie endlich ihr akustisches Herz sprechen, siedelten in die sächsische Metropole Leipzig über, stampften mit Eigthy Days Records ihr eigenes Label aus dem Boden und verabschiedeten sich von der maschinellen Hittauglichkeit ihrer früheren Arbeiten. Stattdessen widmeten sie sich mit Eifer dem auditiven Erbe von Motown, Soul und Funk.

"Soon"
"Soon", das Eröffnungsstück des gleichnamigen Debüts von Malky macht schon während seiner ersten Takte deutlich, dass Daniel und Michael zu völlig neuen Klangufern übergesetzt haben. Als hätten sich Aloe Blacc und Moby für die Produktion eines gemeinsamen Tracks zusammengesetzt, überzeugt "Soon" durch geschmackvolle Akzentuierungen und eine authentische Prise Gefühl. Rau und aufrichtig. Gegen Ende mischt sich zudem eine leicht orientalische Note in das Geschehen. Vielleicht ein Hinweis auf den multikulturellen Background des Duos - Daniel ist gebürtiger Bulgare und durch Michaels Adern fließt ungarisches Blut. Der Folgetrack "Showdown" dreht dann gehörig an den Reglern und fegt mit roher Gewalt über ein Geflecht aus R'n'B und Acid Jazz. Im weiteren Verlauf der Platte beweisen Malky, dass man Seelen auch streicheln kann, ohne allzu dick auftragen zu müssen ("Diamonds", "Human Love", "The Upper Room"), dass infantile Choreinlagen nie an Aktualität verlieren ("History Of Broken Heart") und dass ein verruchter Anstrich noch keinem Song geschadet hat ("Trouble", "Who's Order"). Da wiegt es dann auch nicht mehr ganz so schwer, dass die zweite Hälfte des Albums keine wirklichen Überraschungen parat hält. Ein wenig belanglos, und in ihrer Ausführung vergleichsweise schwach, plätschern "Give Away", "Babylon Tree", "Human Love" oder das recht pathetische "Beautiful Vacation" vor sich hin. Vielleicht wäre eine etwas kürzere EP hier ein guter Kompromiss gewesen.



Freitag, 20. Juni 2014

EP-Vorstellung: Austra "Habitat"

Austra
Der Song "Habitat" begleitet Austra, die kanadische Darwave-Formation um Sängerin Katie Stelmanis, bereits seit mehreren Jahren. Zwar lassen sich zahlreiche Livemitschnitte des Stückes im World Wide Web finden, doch Einzug auf eins der bisher erschienen Alben der Band hat "Habitat" nicht erhalten. Irgendwie schien der Track weder auf das Debüt "Feel It Break" noch zu dessen Nachfolger "Olympia" zu passen. Nun erobert sich "Habitat" jedoch endlich seinen ganz eigenen Lebensraum. Zusammen mit drei Instrumentalstücken veröffentlichen Austra eine gleichnamige EP und schaffen somit die perfekte Nische für den Titel, der auf Konzerten die Massen begeistern konnte.

"Habitat" (EP)
Glühend und von einer finsteren Schönheit umgeben lässt einem "Habitat", als Opener der EP, umgehend den Atem stocken. Mit einer ungeahnten Wucht kriecht der Track tief in den Verstand und öffnet dort sämtliche Türen. Auch jene, die lange als verschlossen galten. Schon bahnen sich wilde Gedanken ihren Weg ins Freie. "Habitat" ist der perfekte Soundtrack für den Tanz im Schein eines zwielichtigen Mondes, für die Jagd durch das Unterholz eines archaischen Waldes, für den Ritt auf einem entfesselten Ungetüm. Seine ausschweifenden Beats vereinen sich mit mystischen Klängen und dem charakteristischen Gesang von Frontfrau Stelmanis, wodurch ein unverwechselbarer Eindruck entsteht, den man in dieser Form nur bei Austra findet. Interessant ist aber auch, was das Trio "Habitat" noch beigestellt hat. "Doepfer" ist ein vom Rave infiziertes Stück, das auch hervorragend auf The Knifes "Shaking The Habitual" funktioniert hätte. So deutlich wie nie zuvor wagen sich Austra in die tonale Ästhetik der Neunziger Jahre vor und scheinen sich dort absolut wohlzufühlen. Einen weiteren Beweis dafür liefert der hypnotische und mit dramatischen Akzenten versehene "Bass Drum Dance". Sirenenartige Gesänge und seufzende Synthesizer leiten schließlich zu "Hulluu", dem letzten Track der EP über. Massiv schwingt dieser seine Hüften und walzt alles platt, was sich ihm in den Weg stellt. "I took your microphone, it's in the river", wispert dazu ein bissiges Flüstern. "Habitat" ist ein wunderbarer Ausflug sowei eine herrliche Ergänzung zum bisherigen Werk Austras. Eine der streng-limitierten physischen Ausgaben dieser EP sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.



Mittwoch, 18. Juni 2014

Gewinnspiel + Interview: Josh The Cat

Josh mit Freundin Phia
Wer kann mehr über einen Act erzählen, als der Act selbst? Erneut hat sich „Einen hab ich noch…“ mit ein paar Fragen auf den Weg gemacht, um euch dieses Mal ein Talent aus der Berliner DIY-Szene vorzustellen: Joshua Teicher alias Josh The Cat.

Beginnen wir mit der Frage danach, wer du bist? 

Ich bin ein Mann aus Australien, der aktuell in Berlin lebt. Ich mache Musik aus den unterschiedlichsten Genres und produziere die Werke anderer Künstler. Am ehesten kennt man mich wohl als Produzent von Phias bald erscheinendem Debütalbum. Außerdem spiele ich Gitarre bei ihren Auftritten.

Erzähl doch bitte kurz etwas dazu, was einen auf Phias Debüt erwarten wird. 

Grundsätzlich sehe ich die Liveperformance und das Aufnehmen von Stücken als etwas Grundverschiedenes. Die Kunst, ein Album zu machen, besteht darin, die Musik, den Künstler und die Ideen vor dem inneren Auge lebendig werden zu lassen. Es fehlt die Stimulation durch visuelle Komponenten und es gibt niemanden. Ich versuche also, die fantastische Energie von Phias Shows auf ein Aufnahmemedium zu übersetzen und auf das großartige Songwriting acht zu nehmen. 

Was hat dich dazu gebracht, Musik zu machen? 

Nun, das Klischee vom Jungen, der durch die Plattensammlung seiner Eltern gegangen und darin versunken ist, trifft bei mir tatsächlich zu. Mein Vater hatte ein sehr gutes Stereo-System, als ich ein Kind war, das sich zudem fast dreidimensional anfühlte. Meine präsenteste Sounderinnerung ist jedoch ein hohes Fiepen bei absoluter Stille, das ich schon hörte, noch lange bevor ich mich mit The Police, Supertramp, Bob Marley oder UB40 beschäftigte. Als ich sprechen lernte, versuchte ich dies meiner Mutter zu erklären und später erklärte uns ein Spezialist, dass ich einen angeborenen Tinnitus hätte. Entweder hat dieser meinen Eifer vorangetrieben oder ich mache Musik, um den Tinnitus zu übertönen. Zum Glück wurde er nicht schlimmer mit der Zeit. Vor ein paar Jahren hatte ich einen Hörtest und die Ergebnisse lagen über der Norm. Ich bin also anscheinend wie ein X-Men und habe eine Superfähigkeit. Flüstert also nicht, wenn ich im Nebenraum bin, denn ich kann das hören.

Zusammen mit deiner Freundin Phia bist du irgendwann von Australien nach Berlin gezogen. Warum habt ihr euch entschieden, nach Europa überzusiedeln?  

Ich wurde zunehmend ruhelos in Australien, also war die Frage eher, warum sollte ich es nicht tun?  Mich hielt kaum etwas da unten und so wollte ich den Horizont, der in Australien schon sehr weit ist, noch erweitern. Diese Entscheidung zu fällen, war leicht, dann aber wirklich loszukommen, dauerte weitere eineinhalb Jahre. 

Wie erlebst du die Berliner Musikszene?

Manchmal fühle ich mich, als würde ich in einer Blase leben. Ab und zu habe ich aber auch das Gefühl, tief mit den Menschen verbunden zu sein. Mein Deutsch ist nicht so gut, wodurch ich oft von vielem abgeschnitten bin. Also verbringe ich meist Ewigkeiten damit, zu Hause Phias Album oder meinen eigenen Sachen zu produzieren und so meine eigenen Klangwelten, meine eigene Welt zu erschaffen. Nur bringt mich das dann auch immer wieder an den Punkt, wo ich auf die Straße vor Leute gehe und die Dinge mit der Welt teile.

Es gab da dein Projekt Mez Medallion. Was kannst du dazu erzählen? 

Als ich in Berlin ankam, hatte ich bereits das Konzept eines Albums fertig, nur fehlte mir noch der passende Name für das entsprechende Projekt. Damals erschreckte mich der Gedanke, meinen eignen zu benutzen und mein Gesicht dafür zu verwenden. Also wollte ich etwas, das eine mystische Ausstrahlung besitzt, und ließ mich dabei von der eigensinnigen Seite der Berliner Kunst und Szene beeinflussen. Schon war Mez Medallion geboren.



Welche Geschichte steckt hinter dem Track „Move Towards The Light“? 

Ich war gerade von einem Trip zurück nach Melbourne gekehrt. Tokio war der letzte Halt auf meiner Reise gewesen und ich hatte mich in die Stadt verliebt, wie ich es bereits geahnt hatte. Zuvor habe ich lange in einer emotionalen Dunkelheit gelebt und Tokio erweckte etwas Helles in mir oder verschaffte mir zumindest einen Eindruck dessen, was es bedeuten würde, einen Alltag ohne eine solche Bürde zu führen. Ich saß also auf dem Rand meines Bettes mit der Gitarre und der Song kam zu mir. Es dauerte nur zehn Minuten und ich nahm ein Demo auf. Später zog ich dieses wieder hervor und es wurde zum zentralen Stück meines Albums. 

"Move Towards The Light"
Die Ästhetik der Platte scheint - nicht nur äußerlich - stark von den späten Achtzigern und frühen Neunzigern geprägt zu sein. Was magst du an diesen Jahrzehnten? 

Nun, auch wenn ich sie im Moment nicht wirklich viel höre, mag ich die Musik der Achtziger und auch der Neunziger. Ich war wohl etwas zu jung, um sie damals wirklich vollkommen erfahren zu können, aber irgendetwas an der spröden melancholischen Sehnsucht der Produktionen, der Stimmen, der Synthesizer, der Gitarren des New Wave und wie diese in die Neunziger überschwappten, zog mich in den Bann. 

Vor Kurzem hast du dich als Josh The Cat neu erfunden. Wieso?

Ich lernte viel während der Produktion von Phias Album und als ich mit anderen Künstlern zusammenarbeitete. Meine eigene Musik zu machen war teils ermüdend und sogar schmerzhaft. Welten zu erschaffen ist das eine, nur glaube ich, dass ich anfing, Wände zu bauen und Leute auszuschließen. Es machte keinen Spaß mehr. Irgendwann fand ich heraus, dass wenn ich meinen Anspruch etwas herunterfuhr, dies meiner Musik gut tat. Wenn ich an den Stücken anderer arbeitete, fühlte ich mich völlig erfüllt und irgendwie auch derart präsent, wie es das letzte Mal der Fall gewesen war, als ich als Kind mit Kreiden gezeichnet hatte. Und dann fragte ich mich, warum das Musikmachen nicht genau so sein kann. Ich nahm eine kreative Pause und kam mehr und mehr zu der Einsicht, dass ich die Einfachheit mag. Die kam dann also auch noch mit auf die Liste. Minimale Erwartungen, Einfachheit und der Prozess soll Freude bereiten. Am Ende stellte ich fest, dass ich ich sein wollte.  

Womit wird uns Josh The Cat denn zukünftig überraschen?

Aktuell arbeite ich an einer Reihe von Demos und hoffe, bald eine EP fertig zu haben. In den nächsten Monaten dürfte auch eine Single erscheinen.

 

Josh The Cat, was gefällt dir an Katzen? 

Mir gefällt, dass Katzen keine Babysitter brauchen. Hunde mag ich zwar auch, aber sie sind bedürftig. Die zwei Katzen, die ich in meinem Leben hatte, waren ein bisschen wie Hunde, von denen Hundemenschen erzählen. Wie Kameraden.

Gibt es noch etwas, das du unseren Lesern gerne mitteilen würdest? 

Ich hoffe, ihr sucht stets nach Künstlern, die euch gefallen, und bleibt an dem dran, was sie machen. Sich aktiv mit ihnen zu beschäftigen ist das Beste, was man für Musiker tun kann. Genauso, wie ihre Platten zu kaufen. Irgendwie muss die Miete ja bezahlt werden. Eine der Schwierigkeiten am Musikerdasein ist, seine Musik an dem Mann zu bringen, aber eure Geschichten dazu können helfen.

Welchen Künstler habt ihr zuletzt durch den Kauf einer CD, Vinyl oder eines Downloads unterstützt? Verratet es uns bis spätestens kommenden Sonntag, den 22.06.2014, und gewinnt mit etwas Glück eine von zwei Kassetten (ja, richtig gelesen!!) des Mez Medallion Albums „Move Towards The Light“. MP3-Downloads gibt noch obendrauf - für alle, die kein Kassettendeck mehr in der Anlage haben. 
Eure Antworten können über die beiden folgenden Wege an uns gelangen.

Möglichkeit 1: "Einen hab ich noch..."-Facebook-Seite liken (falls noch nicht geschehen) und das dort befindliche Gewinnspiel-Foto vom 18.06.2014 mit eurer Antwort kommentieren.

Möglichkeit 2: Eine Mail mit dem Betreff "Mez Medallion" und eurer Antwort an kontakt.ehin@gmail.com. 

Die Teilnahme ist nur aus Deutschland möglich und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Weitere Infos zu Josh The Cat und Mez Medallion gibt es hier:
Facebookseite von Josh The Cat | Facebookseite von Mez Medallion | Bandcamp-Seite von Mez Medallion | Soundcloud | Josh + Phia bei Kultmucke

Montag, 16. Juni 2014

Klassiker der Woche Nr. 100

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41, 42, 43, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 52, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 87, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99... 100!

Heute stellen wir euch, ohne viele erklärende Worte, unseren Klassiker der Woche Nr. 100 vor: Metric mit "Poster Of A Girl". Ab nächstem Montag findet ihr die Rubrik dann immer zuverlässig auf unserer Facebookseite.




Freitag, 13. Juni 2014

Album-Vorstellung: The Knife "Shaken Up Versions"

"Shaken Up Versions"
Nichts Halbes und nichts Ganzes? Die Veröffentlichung von Minialben steht momentan bei etlichen Künstlern hoch im Kurs. Auf ihnen befinden sich mit fünf bis acht Tracks meist zu wenige Titel, um sie als vollfertiges Album vermarkten zu können, und gleichzeitig jedoch auch zu viele Stücke, sodass diese noch als EP durchgehen würden. Es bedarf also einzig eines triftigen Grundes, um jene Releases zu rechtfertigen. Eine anstehende oder gerade laufende Welttournee scheint sich dahin gehend bestens zu eignen. Röyksopp und Robyn haben es mit dem "Do It Again" vorgemacht, The Knife legen nun mit den "Shaken Up Versions" nach. Insgesamt acht Songs versammeln sich auf der bunt in Szene gesetzten und nur als Download erhältlichen Platte. Doch sind es keine neuen Stücke, die das schwedische Geschwisterpaar da präsentiert. Karin Dreijer-Andersson und ihr Bruder Olof haben sich einiger ihrer Klassiker angenommen und diese gehörig aufpoliert.

Als The Knife im letzten Jahr eine Konzertreise zu "Shaking The Habitual" ankündigten, war die Freude aufseiten vieler Fans recht groß. Auch unsere Redaktion konnte es kaum abwarten, die Grenzgänger zwischen den musikalischen Welten endlich einmal live zu erleben. Umso enttäuschter verließen wir nach einer relativ kurzen Show jedoch die Berliner Columbia-Halle. Dabei waren wir bei Weitem nicht die einzigen Besucher, deren Mundwinkel noch während des Auftritts zunehmend der Schwerkraft erlagen. Ein wirres Versteckspiel, endlose Playbackpassagen, nahezu lächerlich wirkende Tanzperformances - irgendwie hatten wir von Koryphäen wie The Knife doch etwas Anderes erwartet. Zu semiprofessionell wirkte dieser Mischmasch aus pseudo-intellektueller Kunstdarbietung und laienhafter Schultheateraufführung. Was jedoch überzeugte, waren die durchdachten akustischen Neuinszenierungen von Hits wie "Pass This On", "We Share Our Mothers' Health", "Birds" oder "Silent Shout". Beatlastiger und greller als ihre Originalversionen schien sich zumindest in ihnen der Erfindergeist der Schweden widerzuspiegeln. Zusammen mit weiterentwickelten und verformten Stücken von "Shaking The Habitual" lassen sich diese Klassiker nun auf den "Shaken Up Versions" begutachten - und das auch ohne fragwürdige optische Untermalung.



Mittwoch, 11. Juni 2014

Gewinnspiel: Reba Hasko "Seeds From The Twisted Pear" + "Delicate Cyclone"

Was macht einen guten Musiker aus? Dass er zahlreiche Platten verkauft hat? Dass es für seine Konzerte schon nach kürzester Zeit keine Tickets mehr zu erstehen gibt? Oder vielleicht die Tatsache, dass er alle zwei Jahre ein neues Album auf den Markt bringt?
Am Ende wird jeder diese Frage ganz für sich allein beantworten müssen. Talent führt nicht zwangsweise zum Durchbruch und ein guter Song bleibt manches Mal sogar ungehört.

Reba Hasko
Seit unser Blog vor über zwei Jahren online gegangen ist, haben wir uns mit unzähligen Veröffentlichungen beschäftigt. Vom gefeierten Popstar bis zum Insidertipp, dem nur wenige Menschen ihr Ohr schenken - es gab kaum etwas, das es nicht gab auf diesem langen Weg. Eine Künstlerin, die uns trotz all der rasanten Entwicklungen innerhalb der Branche wieder und wieder begeistert hat, ist Reba Hasko. Von der Muse geküsst und von einer unsagbaren Begabung gesegnet scheint die sympathische Songwriterin geradezu über den Dingen zu schweben. Da ist es plötzlich auch völlig unwichtig, wie viele Facebook-Likes sie vorweisen, wie viele Follower bei Soundcloud oder Twitter sie die ihren nennen, oder wie viele Hörer sie bei Last.fm präsentieren kann. Feststeht, dass Reba Hasko eine begnadete Musikerin ist, die es ohne Zweifel mit Kolleginnen wie Björk, Tori Amos oder PJ Harvey aufnehmen kann.


"Seeds From The Twisted Pear"
Eindringlich erklingt 2001 Reba Haskos Debüt "Live At Studio 43", eine virtuose Ansammlung von Gesängen und Klavierpassagen. 2006 folgt dann mit "Seeds From The Twisted Pear" ihr erstes konzeptionell durchdachtes Album. Entstanden ist dieses zu großen Teilen in der Spreemetropole Berlin, die sie einige Zeit ihr Zuhause nennt. "Größere Städte scheinen mich dazu zu verleiten, größere Beats komponieren zu wollen", sagt die heute in New York lebende Sängerin. Gleich einem hypnotisierenden Mantra üben die zwölf Stücke eine dunkle und dramatische Faszination aus. Wer sich einmal zwischen "Here's How", "The Land", "Drifting To The Veil" oder "Dusty" verloren hat, dem fällt die Rückkehr in das Hier und Jetzt tatsächlich schwer. Zu betörend und geheimnisvoll sind die Tracks. Man will sie mit jeder Faser in sich aufsaugen und bis zum Boden ihrer unergründlichen Tiefen vordringen. Wenn "Death By Facelift" unserer Gesellschaft dann den zerbrochenen Spiegel vorhält oder "Heat. Electricity. Wire." sich elegant und auf leisen Sohlen von hinten anpirscht, um auch den letzten Zweifler zu übermannen, dann wird deutlich, wie meisterhaft Reba Hasko das Spiel mit Harmonien und Klängen versteht.


"Delicate Cyclone"
Als mysteriöse Schamanin kehrt die in Niskyayuna, New York, geborene Reba Hasko 2013 zurück und lädt gleichsam in die akustische Schwitzhütte ein. Deutlich weniger elektronisch als sein Vorgänger, dafür aber getrieben von Trommelschlägen, Rasseln und schallernden Keyboardarrangements bietet "Delicate Cyclone" Einblick in ein neues Zimmer des Kreativhaushalts der dunkelhaarigen Schönheit. Mal sensibel und zerbrechlich ("Bloody Knuckles (The Glass House Song)", "Golden Iris", "Fell From The Stars" oder "Love You Like The Sun") und dann doch wieder aufbegehrend und laut ("The Stallions", "The Call", "The Elements") schwanken die acht Tracks zwischen spiegelglatter Meeresoberfläche und erschütterndem Vulkanausbruch hin und her. Dass Reba Haskos Stimme zudem genauso vielfältig ist, wie die Sounds, mit denen sie ihre Songs inszeniert, zeigt "Bourbon & Cardamom". "Delicate Cyclone" zählt zu den wahren Insidertipps für all diejenigen, die keine Experimente scheuen.



Wir schätzen uns sehr glücklich, dass wir mehrfach die Ehre hatten, mit Reba Hasko zusammenzuarbeiten oder in den Genuss ihres Könnens zu kommen. Seien es die zwei wunderbaren Titel, die sie für die Compilation "Kultverdächtig I" beisteuerte oder den extra eingesungenen Song zum zweiten Geburtstag unseres Blogs.
Aktuell arbeitet Reba Hasko an der Fertigstellung des Soundtracks zum Tanzstück "OneByOne" von Corinne Cappelletti und Eva Perrotta.

Nachdem wir euch nun erneut verraten haben, was der für uns der vielleicht lohnenswerteste akustische Geheimtipp ist, den wir zu bieten haben, möchten wir Selbiges nun auch von euch erfahren. Unter allen Offenbarern verlosen wir insgesamt fünf Downloadcodes für Reba Haskos "Delicate Cyclone"und als Hauptpreis zusätzlich noch ein CD-Exemplar von "Seeds Of The Twisted Pear". Mitmachen könnt ihr bis kommen Sonntag, den 15.06.2014, und zwar üer die beiden folgenden Wege.

Möglichkeit 1: "Einen hab ich noch..."-Facebook-Seite liken (falls noch nicht geschehen) und das dort befindliche Gewinnspiel-Foto vom 11.06.2014 mit eurer Antwort kommentieren.

Möglichkeit 2: Eine Mail mit dem Betreff "Reba Hasko" und eurer Antwort an kontakt.ehin@gmail.com. 

Die Teilnahme ist nur aus Deutschland möglich und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Weitere Infos zu Reba Hasko gibt es hier:
Facebookseite | Soundcloud-Account | Bandcamp-Seite | Feature bei Kultmucke | Weihnachtsspezial bei Kultmucke | "Kultverdächtig I" mit Reba Hasko
 

Montag, 9. Juni 2014

Klassiker der Woche Nr. 99

Friska Viljor
Über Jahrzehnte hinweg konnte Schweden seinen Ruf als eine der erfolgreichsten Geburtsstätten für Musiksensationen behaupten. ABBA, Ace Of Base, Roxette, The Cardigans, Johnossi, Mando Diao, Shout Out Louds, Lykke Li, Robyn - die Liste an gefeierten Acts könnte noch ewig fortgesetzt werden. Umso erstaunlicher ist jedoch die Tatsache, dass viele der Bewohner des skandinavischen Königreichs gar nicht um die vielen Talente zu ihren Seiten wissen. So feiert der Großteil der schwedischen Künstler seine Karrieresiege oft fern der Heimat bei akustischen Auswärtsspielen. Ähnliches gilt auch für das Sixtett Friska Viljor. Während die Band seit über die Bühnen deutscher Festivals rast und euphorisch vom Publikum bejubelt wird, kräht in Stockholm, Göteborg oder Uppsala kaum ein Hahn nach Daniel Johanssons, Joakim Sveningssons und ihren Bandkollegen. Da kommt es dann auch schon einmal vor, dass man auf einer Indieparty in Malmö steht, die DJane nach "Oh Oh" von Friska Viljor fragt und diese erstaunt erwidert, sie habe wirklich noch nie etwas von dieser Gruppe gehört. Sollte der eine oder andere Leser nun Ähnliches denken, hilft nur noch eins: Press Play!


Freitag, 6. Juni 2014

Album-Vorstellung: Glass Animals "Zaba"

Glass Animals
Tja, da hat es vier Herren aus Oxford wohl gerade zu überrollt, was den Erfolg ihrer Songs betrifft. Im November des letzten Jahres stellten wir euch mit der EP "Glass Animals" den ersten Geniestreich der gleichnamigen Band aus UK vor. Schon damals versprach sich unsere Redaktion recht viel von dem Quartett, dessen Wurzeln tief in das Erbe des Trip-Hops hineinreichten. Aufgepeppt durch allerhand elektronische Sounds infiltrierten die Glass Animals kurz darauf das gesamte Popgeschehen und überzeugten nicht nur uns mit ihrer exotischen Einzigartigkeit. Ein paar Monate später erscheint nun mit "Zaba" der erste Longplayer der Truppe. Was einst mit den fiebrigen Wachträumen des Frontmanns Dave Baley begann, ist mittlerweile zum stimmigen Gesamtkonzept gereift. Als sich Baley während seines Medizinstudiums regelmäßig die Nächste um die Ohren schlagen musste, flüchtete er sich mehr und mehr in seine Kindheitserinnerungen und allem voran in die mystische Kulisse des Zabajaba-Dschungels, einer Fantasiewelt, die der Feder des Autors William Steig entstammt. Einmal dort angekommen konnte er sich der hitzigen Magie jenes Ortes nicht mehr entziehen. Mit einer ungeahnten Konsequenz verorteten Baley und seine drei Kollegen ihre tonale Ästhetik schließlich im Innersten dieses besagten Urwalds, wodurch sich auch die Herkunft des Albumtitels "Zaba" relativ leicht erklären lassen sollte.

"Zaba"
Man nehme eine dem britischen Intellektuellenkreis entstammende Formation wie Alt-J, stelle ihr Reiseführer wie Kanye West und Nina Simone zur Seite und schicke sie durch eine wuchernde Szenerie aus Trommelbeats und Synthieschwaden - das entstpricht in etwa einem Hördurchgang von "Zaba". Warf die "Glass Animals"-EP den Samen für jene Platte, nämlich das Stück "Black Mamba", aus, zeugen nun auch Tracks wie der Opener "Flips", das flirrende "Pools" oder der hypnotische Tanz namens "Walla Walla" von einer eindringlichen akustischen Hitze. Hektisch kribbelnd schwirrt der Großteil der elf Songs durch die stickige Luft, begleitet von nebelartigen Texturen, dunklen Tiefen und fluoreszierenden Highlights. Einzig das funkelnde "Gooey" und die drei aufeinanderfolgenden Titel "Intruxx", "Hazey" und "Toes" verschaffen ein wenig Abkühlung in all der Schwüle. Da kommt man sich kurz vor, als nehme man ein Bad in einem verwunschenen Tümpel, umrandet von böse grinsenden Gewächsen. Spätestens wenn dann aber "Wyrd" erklingt, wird es Zeit, diesem Erfrischung spendenden Refugium wieder zu entsteigen und so spürt man erneut, wie jeder einzelne Wassertropfen auf der Haut verpufft. "Cocoa Hooves" zeichnet indes die Sterne in den Himmel und all die Umgebungsgeräusche scheinen augenblicklich zu ersterben. Seien es die Laute zirpender Insekten oder die Rufe grölender Waldbewohner - es wird es Nacht im Zabajaba-Dschungel. Zu den Klängen von "Jdnt" beruhigt sich das Gemüt, noch bevor es im Schlaf erneut durch Illusionen und Trugbilder gejagt wird.
Die Glass Animals liefern mit "Zaba" ein hervorragend metaphorisches Werk ab, das Gesellschaftskritik durch die Blume ausübt. Aber nicht durch irgendeine Blume. Nein, durch eine fleischfressende Pflanze, die dank ihres seltsamen Erscheinungsbilds betörend und gefährlich zugleich wirkt.



Mittwoch, 4. Juni 2014

Gewinnspiel: Sylvan Esso "Sylvan Esso"

Sylvan Esso
Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie vernetzt die Musikwelt sich darstellt. Mehrfach bekam unsere Redaktion den Hinweis, man solle sich doch einmal mit Sylvan Esso auseinandersetzen, nur ignorierten wir diese Anregungen aus irgendeinem Grund für lange Zeit. Bis zu dem Punkt, an dem dies gar nicht mehr möglich war. Ob Soundcloud, Facebook oder Twitter - plötzlich gab es kein Herumkommen mehr um Sylvan Esso. Doch wer oder was steckt hinter dem seltsam anmutenden Namen? Und hier schließt sich der Kreis. Sylvan Esso ist ein Duo, das sich aus dem Produzenten Nick Sanborn und Amelia Randall Meath zusammensetzt. Amelia Randall Meath - schon beim ersten Hören des Debütalbums der beiden Amerikaner kamen uns Stimme und Stil der Songs doch recht bekannt vor. Es brauchte noch ein wenig bis schließlich klar wurde, weshalb dem so war. Meath ist ihres Zeichens ebenfalls Teil des Folktrios Mountain Man, einem vocallastigen Gespann, das bereits mit Feist auf Tour war und sie bei ihrer Performance tatkräftig unterstütze. Strotzen die Kompositionen Mountain Mans vor spröder countrylastiger Eleganz, sind Sylvan Esso doch deutlich mehr im Glanz der Electronica beheimatet. Einzig die zu identifizierenden scharfkantigen Schnitte geben Aufschluss über den Zusammenhang der beiden Projekte.

"Sylvan Esso"
Ursprünglich hatte Meath Sanborn nur darum gebeten, einen ihrer Songs ("Play It Right") zu remixen. Schnell deutete sich jedoch an, dass es nicht bei dieser, voneinander losgelösten, Kollaboration bleiben sollte. Zu offensichtlich die Verbundenheit, was gemeinsame tonale Visionen betrifft. Heute ist "Play It Right" Teil des Debütalbums von Sylvan Esso und wird von acht weiteren Stücken begleitet. Dass sie aus unterschiedlichen akustischen Welten kommen, bildet dabei einen klaren Vorteil für Meath und Sanborn. In der Folge vereinen sie Impulse, die oft als konträr gelten. Resultat ist etwas Neues, Unvoreingenommenes.
Als Kanon beginnt "Hey Mami", das erste Stück des selbst betitelten Albums "Sylvan Esso". Nach einigen Sekunden gesellen sich zu der eingängigen Melodie schließlich ein paar Claps und eine Strophe. So weit so gut. Noch könnte das alles in Richtung einer neuen Mountain Man Platte gehen, doch dann passiert das Unerwartete. Wummernd reißt ein elektronischer Beat das Stück an sich und katapultiert Meath Stimme direkt unter flackerndes Stroboskoplicht. Im Dunkel des Nachtlebens flimmern Tracks wie das darauf folgende "Dreamy Bruises" oder "Could I Be" artifiziell und einladend. Die Atmosphäre von "Sylvan Esso" durchläuft die Szenerie eines stickigen Clubs genauso wie die einer verlassenen Straße, durch die eine letzte kühle Brise weht. Als stünde man dauerhaft in der Drehtür einer Diskothek. Dort tanzt es sich anscheinend besonders entspannt und auch das heulende "Wolf", das mit zahlreichen Klicks versehene "Dress" oder das agile "H.S.K.T." passen ganz wunderbar in diese Nische zwischen Lebendigkeit und Ruhe. Als sensibler Höhepunkt des Albums entpuppt sich "Coffee", eine zarte Ballade mit feinen R'n'B-Akzenten, wohingegen "Uncatena" zum tiefen Atemzug ansetzt und "Come Down" die Platte so akustisch beendet, wie sie einst begann.



Wir halten nun den erneuten Beweis dafür bereit, dass das Singer-Songwritertum und Electro ganz hervorragend zusammen passen. Gewinnt ein CD-Exemplar von Sylvan Essos "Sylvan Esso", indem ihr uns bis spätestens kommenden Sonntag, den 08.06., verratet, was ihr von dieser Fusion der Sounds haltet. Dies könnt ihr übrigens wie folgt tun.

Möglichkeit 1: "Einen hab ich noch..."-Facebook-Seite liken (falls noch nicht geschehen) und das dort befindliche Gewinnspiel-Foto vom 04.06.2014 mit eurer Antwort kommentieren.

Möglichkeit 2: Eine Mail mit dem Betreff "Sylvan Esso" und eurer Antwort an kontakt.ehin@gmail.com. 

Die Teilnahme ist nur aus Deutschland möglich und der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Weitere Infos zu Sylvan Esso gibt es hier:
Offizielle Website | Facebookseite | Soundcloud-Account
 

Montag, 2. Juni 2014

Klassiker der Woche Nr. 98

Cocteau Twins
Als der Dream Pop noch in den Kinderschuhen steckte, waren es allem voran Elizabeth Fraser, Robin Guthrie und Will Heggie, die sich mit Freude jenem neuen Genre widmeten und ihm beim Erwachsenwerden halfen. Das Trio, das unter dem Namen Cocteau Twins bekannt wurde, entstammte ursprünglich der britischen Punkszene, fand jedoch im sphärischen Gitarrenpop der 80er eine Inspiration, die es zu auditiven Höchstleistungen antrieb. Schnell sprudelten die Lobeshymnen aus den Federn der Kritiker und den Cocteau Twins wurde eine akustische Individualität zugesprochen, die sie zu den Vorreitern einer neuen Klangära machte. Mit ausschweifenden Arrangements, dem sirenenartigen Gesang von Liz Frazer und einem ganz besonderen Gespür für elektronische Verspieltheiten luden die Cocteau Twins regelmäßig, innerhalb ihres 18-jährigen Bestehens, zur Gedankenflucht ein. "Alice", unser heutiger Klassiker der Woche, ist eigentlich nur als B-Seite der Single "Violaine" (1996) gedacht gewesen. Doch wie das Schicksal manchmal spielt, schaffte es ausgerechnet jener Track, der einer der letzten vor der Auflösung der Band war und es nicht einmal auf ein Album geschafft hatte, zu großem Ruhm. Durch seinen Lo-Fi-Charme und die magische Aura, die jede einzelne Note zu umgeben scheint, berührt der Song die Seele. Auch Regisseur Peter Jackson scheint sich der Kraft von "Alice" bewusst gewesen zu sein und so besetzt das Stück eine Schlüsselrolle in seinem melancholischen Drama "In Meinem Himmel" (2009). Und zwar als akustische Untermalung für das Jenseits, in dem die ermordete Susie Salmon ihren Frieden zu finden versucht.