Sonntag, 24. März 2013

Album-Vorstellung: HK119 "Imaginature"

HK119
HK119 - das klingt nach einer U-Boot-Kennung, einem Raketenmodell oder vielleicht auch der Bezeichnung für einen Düsenjet. Weniger würde man dahinter eine finnische Multimedialkünstlerin vermuten. Was Heidi Kilpeläinen jedoch mit all diesen Assoziationen vereint, ist ihre kriegerische Omni-Präsenz. Die Amazone unter den Sängerinnen besitzt den Willen, das akustische Feld von hinten aufzuräumen und dabei Bombe um Bombe an akustischer Finesse zu zünden. Kilpeläinen erschuf mit HK119 ein futuristisches, artifizielles Alterego, das es ihr ermöglicht, exzentrische Pop-Entwürfe jenseits des Greifbaren zu entwickeln. Abgespalten von der Wirklichkeit rast HK119 durch das Universum, fängt kosmische Schwingungen ein und schickt sie in hörbarer Form zu uns Erdenbewohnern zurück. Auf dem neusten Werk "Imaginature" wird jene Zukunftsmusik nun um den Faktor "Spiritualität" erweitert.



Imaginature
Die 11 Stücke der neuen Platte skizzieren eine Symbiose aus künstlichen, unwirklichen Lo-Fi-Texturen und organisch klingenden Wohlfühlsounds. Dieser Widerspruch macht "Imaginature" bereits vom ersten Takt an, zur glühenden Büchse der Pandora. Man kann nicht anders, als sich der starken, überirdischen Anziehungskraft vollends hinzugeben, die von ihr ausgeht. Sofort will man mit allen Sinnen erkunden, was sich hinter jener pulsierenden Versuchung verbirgt und nimmt dafür in Kauf, dass sich das Hier und Jetzt für immer verändern wird. Denn sind Songs wie "Iceberg" oder "Moss" einmal auf die Welt losgelassen, bäumen sie sich zu übermächtigen apokalyptischen Tracks auf, die nach der alleinigen musikalischen Weltherrschaft verlangen. Das Faszinierende ist, dass man als Hörer sofort mitgerissen und an ferne mentale Orte katapultiert wird. Ein Szenarium surrealer als das nächste, jagt die Gedanken. So schwimmt man beispielsweise neben "Whale" durch unendliche, dunkle Weiten eines Schallozeans und entdeckt währenddessen Milliarden funkelnder Synthie-Partikel. Oder man verliert sich in einem undurchsichtigen Freaktronica-Dickicht, das den Namen "Spring" trägt und aus dem es kein Entkommen mehr zu geben scheint. Geblendet von "Snowblind", ertränkt in "Rain" und wiedergeboren irgendwo zwischen "Milky Way" und dem orientalisch angehauchten "Adailson". Auf "Imaginature" durchlebt man vom Fiebertraum bis hin zum sanften Moment allmächtiger Weisheit, fast jeden denkbaren Gefühlszustand. Eine ganz großartige Platte für echte Kenner.


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