Freitag, 8. August 2014

Album-Vorstellung: FKA twigs "LP1"

 © by Dominic Sheldon
Wo es doch aktuell so aussieht, als würde die Dreampop-Prinzessin Grimes heftigst an ihrem eigenen Thron sägen, indem sie ihr Gefolge zunehmend mit der Veröffentlichung flacher, Mainstream tauglicher Tracks vergrault, braucht es eventuell ein neues Gesicht an der Spitze des elektrifizierten Klangreiches. Und so tritt eine junge Britin, mit spanisch-jamaikanischen Wurzeln, gerade rechtzeitig auf den Plan. FKA twigs (formally known as twigs) erweckt den Anschein, ein humanoides Astralwesen zu sein, das mit der letzten Sternschnuppe auf die Erde gestürzt ist und seitdem durch seine Andersartigkeit von sich reden macht. Glaubt man allerdings Pressetexten und Interviews, wuchs FKA twigs als Tahlilah Barnett im verschlafenen Gloucestershire, einer ländlichen Region im Westen Englands, auf. Schüchtern soll sie gewesen sein. Heute hingegen wirkt sie als multimediales Kunstobjekt recht extrovertiert, hat sich in gut verknüpftes Netzwerk integriert und sich mithilfe ihrer ersten beiden EPs "EP1" (2012) und "EP2" (2013) einen festen Stand im aktuellen Musikgeschehen verschaffen können. Genau der richtige Moment, um ein Debüt nachzuschieben. Dieses trägt - wie sollte es auch anders sein - den Titel "LP1".


Wie klingt die Moderne? FKA twigs beantwortet diese Frage auf "LP1" mit einem bunten Potpourri aus Electro, Dreampop, R'n'B und Trip-Hop. Die Akzente, die die 26-Jährige dabei auf ihrer ersten LP setzt, wechseln von Song zu Song und verleihen dem Album insgesamt einen frischen, unverbrauchten Charme. Während der Opener "Preface" oder das atemberaubende "Closer" noch futuristischen Sirenengesängen à la Julia Holter frönen, enthüllen "Lights On" oder "Two Weeks" eine pulsierende Laszivität, die klar in Richtung Soul deutet. Dubstep und Downtempo infiltrieren derweil Nummern wie "Pendulum" oder "Kicks", wohingegen "Numbers" die Weitläufigkeit experimenteller Sounds erkundet. Auch FKA twigs Stimme durchläuft innerhalb der zehn Stücke der Platte manch interessante Metamorphose. Durch punktuell eingesetzte Verzerrungen und eine generell recht breite Range bedient die Sängerin eine tiefe Vollmundigkeit ebenso gekonnt, wie die sphärischen Höhen, die bei "Hours" zu vernehmen sind.
Vielleicht reicht "LP1" noch nicht an die Genialität eines "Visions" von der bereits erwähnter Kanadierin Grimes heran, doch hat FKA twigs mit diesem Album den Sicherheitsgurt angelegt, um bei der nächstmöglichen Gelegenheit auf die Überholspur zu wechseln.




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