Freitag, 17. Januar 2014

Album-Vorstellung: Warpaint "Warpaint

Warpaint
Wir reisen zurück in das Jahr 2004 und die Stadt der Engel. Während ein lauer Wind die Palmenblätter auf dem Hollywood Boulevard dazu bewegt, sanft auf- und abzuwippen, greifen ein paar einheimische Frauen beherzt zur Farbe und schmieren sich eine auffällige Kriegsbemalung ins Gesicht. Warpaint nennt sich die Formation aus den vier angriffslustigen Musikerinnen, von denen hier die Rede ist und die genau in diesem Moment ein akustisches Bündnis eingehen. Doch wem wollen Emily, Theresa, Jenny Lee und Stella den Kampf ansagen? Nun, vielleicht dem Bild, das die Menschen im Laufe der Jahre von Los Angeles oder den Vereinigten Staaten als solchen gewonnen haben. Das immer strahlende und von der dort ansässigen Unterhaltungsindustrie propagierte Image scheint es kaum zuzulassen, dass eine aufstrebende Girlband so gar nicht in das Klischee der jungfräulichen Popsternchen passen will. Warpaint sind dennoch anders. Authentisch, entzaubert und wahrhaftig. Mit ihrer spröden, und gleichzeitig enorm anziehenden, Ausstrahlung avancieren die Damen binnen kürzester Zeit zur großen Nachwuchshoffnung im Alternativebereich. Die Debüt-EP "Exquisite Corps" und das 2010 erschienene Album "The Fool" untermauern ihren Ruf als Post-Rocker der Extraklasse. Wer Warpaint einmal live erlebt hat, versteht schnell, dass es hier ums Wesentliche geht. Nämlich starke Melodien, interessant gestrickte Basslines, knallige Rhythmen und hypnotische Gesänge. Und das alles ohne großen Schnickschnack. Pur, wie die reine Essenz von Kreativität und Talent.

"Warpaint"
In den letzten 24 Monaten arbeiten Warpaint mit unbändiger Energie an der Fortführung ihres steilen Karrierestarts, der nun in der Veröffentlichung des selbst betitelten "Warpaint" mündet. Zahlreiche prominente Wegbegleiter scharrten sich dabei um die Amerikanerinnen. Sei es Mark Ellis alias Flood (u.a. verantwortlich für Arbeiten von PJ Harvey oder New Order), der Radiohead-Produzent Nigel Godrich oder das Regietalent Chris Cunningham, welches mit der Bassistin Jenny Lee verheiratet ist und schon Videos für Björk, Madonna und Portishead gedreht hat. Letztgenannter begleite das Quartett dann auch noch ausgiebig mit seiner Kamera und dokumentierte somit auf eindrucksvolle Weise die Entstehung von "Warpaint". Zudem schenkte er den Damen ein unglaublich intensives Albumcover, welches nun die Platte ziert.
"Warpaint" wird durch ein schnittiges "Intro" eröffnet und lädt somit, ohne große Umschweife, direkt in den Kreis der vier Ladys ein. Als stünde der Hörer in ihrer Mitte und könne sie genüsslich dabei beobachten, wie sie ihre Instrumente für das folgende "Keep It Healthy" vorbereiten. "Love Is To Die", das schon als Vorabsingle entzückte, ist im weiteren Verlauf genauso einprägsam wie das famose "Biggy" oder der emotional aufwühlende Track "Teese". Das Spiel mit Entschleunigung, Schlichtheit und auditiver Genügsamkeit macht "Warpaint" zu einem grandiosen Zweitwerk, von dem manch andere Band nur so träumen dürfte. Fans der kalifornischen Truppe werden sich über die Expansion des Charmes von "The Fool" auf "Warpaint" freuen und doch leichzeitig auch Songs wie das aufbegehrende "Disco//Very" oder das düster flammende "CC" abnicken. Cool und mit viel Understatement, versteht sich. Nachdem mit "Son" der letzte Funken des 12 Stück starken Albums verglüht ist, drückt man fast unwillkürlich erneut auf den Play-Button, beziehungsweise lässt die Plattennadel wieder zum Rand der Vinyl wandern, um einmal mehr durch die Klangwelten von Warpaint wandern zu können.



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