Freitag, 24. Mai 2013

Album-Vorstellung: CocoRosie "Tales Of A Grass Widow"

CocoRosie
Bunt, extravagant und gesellschaftskritisch. Sierra und Bianca Cassedy, besser bekannt als CocoRosie, stehen seit ihrem Debüt "La Maison De Mon Rêve" (2004) für innovative Popmusik mit Tiefgang. Die beiden hübschen Schwestern haben im Laufe der Jahre einen unverwechselbaren Stil entwickelt, der innovativ und zugleich auch traditionell verankert ist. Nun meldet sich das musikalische Doppel mit seinem neuen Album zurück. "Tales Of A Grass Widow" heißt dieses und widmet sich gesellschaftspolitischen Themen, die auch in einer modernen Welt wie der unseren, noch immer von zentraler Bedeutung sind.

"Das Album erkundet viele Geschichten und die Verbindungen, wie die Menschen die
Erde behandeln, auch darum wie sie Frauen und Kinder behandeln. Da existieren so viele
Gemeinsamkeiten."


Sierra und Bianca geben sich nicht damit zufrieden, dass Probleme nur auf den Tisch kommen. Sie möchten und erwarten darüber hinaus, dass diese auch bearbeitet, geradezu seziert und von allen Seiten betrachtet werden können. Feminismus muss unter Einbeziehung von Männern stattfinden, die Kindheit als ein heiliges Refugium verstanden und Tiere geschützt werden, wenn der Mensch sich als ein überlegenes Wesen empfindet. So tragen CocoRosie nun erneut ihren Teil zu all den aktuellen Debatten bei. Mit verschiedenen Aktionen weisen sie auf Missstände hin und versuchen Lösungsalternativen zu erarbeiten. Nicht zuletzt in den Texten ihrer Songs.

 

CocoRosie haben auf "Tales Of A Grass Widow" elf Songs inszeniert, die mit Perspektiven und Rollen spielen, deren Lyrics den Hörer mitreißen und ihn durch unsere Welt wie durch ein Museum führen. Nur sind die Exponate keine toten Momentaufnahmen, sondern lebendige Szenerien aus dem Alltag eines Planeten, der sich zunehmend seinem Ende entgegen neigt, wenn nicht endlich gehandelt wird. Sierra und Bianca sind sich sicher, dass es dazu noch nicht zu spät ist.

"Ich habe das Gefühl, dass die Welt fast so weit ist. Wir sind fast bereit für Veränderung.
Vielleicht braucht es diese extremen Veränderungen und Bedrohungen der Natur, um die
Menschen dazu zu bringen, dass sie erkennen, dass direkt vor ihrer Nase die Konsequenzen

passieren. Und das passiert nicht nur im Karma oder so, wie du von Gott beurteilt wirst."
 
Tales Of A Grass Widow
"After The After Life" eröffnet das bereits fünfte Studioalbum von Cocorosie und lässt jenen Vorhang der Verdrängung fallen, den unsere Gedanken zuvor sorgsam geknüpft haben. Schon steht man mitten in einem Untergangszenarium, das trotz all seiner Zerstörung mit einer klanglichen Schönheit aufwartet, die den bitteren Beigeschmack gleichzeitig umso deutlicher werden lässt. Typisch für CocoRosie verschmelzen dabei Sierras Operngesänge mit der infantilen Stimme von Schwester Bianca. Gehüllt in Klangfetzen aus Folk und Electro entsteht dadurch der unverkennbare Sound des Duos, den seine Anhänger so sehr lieben. Beim Folgetrack "Tearz For Animals" und auch dem finalen "Poison" gibt sich der zwischen den Geschlechtern wandelnde Antony Hegarty die Ehre als Gastsänger, wie er es bereits mehrfach auf der 2005er Platte "Noah's Ark" getan hat. Im weiteren Verlauf der Platte versinkt der Zuhörer mehr und mehr in der Gedankenwelt der Schwestern, als würde er durch Treibsand waten und langsam darin untergehen. Dabei lässt sich in Stücken wie "Child Bride" und "Broken Chariot" ein starker orientalischer Einschlag nicht leugnen, der sicherlich auch auf die Zusammenarbeit mit dem indischen Musikerkollektiv Rajasthan Roots zurückzuführen ist. Aber auch schwermütige Balladen wie "Harmless Monster", bei dem im Hintergrund Glocken im Wind läuten und Raben den Himmel mit ihrem Geschrei erfüllen, oder von der Toy Music inspirierte Nummern ("Roots Of My Hair", "Gravediggress") versammeln sich auf "Tales Of A Grass Widow". Wieder einmal beweisen CocoRosie, dass die Rechnung immer noch aufgeht. Ihre Musik will einfach nicht langweilig werden und findet immer neue klangliche Nischen. Dabei bleiben Sierra und Bianca auch textlich auf einem Niveau, das nicht nur das Herz, sondern auch den Intellekt der Menschen anspricht. Vielleicht liegt das ja an der Unersättlichkeit der beiden, ihren eigenen Horizont stetig zu erweitern.

"Es ist immer interessant für uns, die Ideen der anderen zu hören, weil es in unserer Arbeit sehr viel Raum für das gibt."

 

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