"E1NEN HAB ICH NOCH..." ist ein virtuelles Sammelsurium für Musik. Der gleichnamige Blog bündelt und filtert Neuigkeiten aus den unendlichen Weiten der verschiedensten Genres. Dabei gilt stets die Devise: Den Song oder diese Platte sollte man noch gehört haben!
Der Scherenschnitt - Kunstform oder Kinderbastelei? Weder noch! Papercuts ist das Projekt des amerikanischen Singer Songwriters Jason Robert Quever. Mit der notwendigen Fingerfertigkeit, die es auch für das Verarbeiten von Papier hin zum Schattenriss braucht, macht sich das in San Francisco ansässige Multitalent regelmäßig an die Arbeit, um das Beste aus Folk, Dream Pop und Indie miteinander zu verknüpfen. Wie gut ihm dies gelingt, zeigen die fünf bisher erschienenen Alben von Papercuts. Allesamt sind sie Platten, die sich perfekt dazu eignen, ein Refugium des Müßiggangs zu erschaffen, in welchem es sich an verregneten Sonntagen besonders leicht aushalten lässt. Ab ins Bett, Welt aus und Musik an. Stunde um Stunde vergeht schließlich wie im Fluge, während die sanften Melodien Quevers aus den Lautsprechern der heimischen Anlage schallen. "Life Among The Savages", das neuste Werk des kalifornischen Erfolgsgaranten, möchte nun da anknüpfen, wo "Fading Parade" 2011 aufhörte.
"Life Among The Savages"
"Life Among The Savages" ist keine Offenbarung, was Innovation oder Extravaganz angeht, nur scheint Quevers mit den neun Songs auch keineswegs darauf abgezielt zu haben, das akustische Rad neu zu erfinden. Im Gegenteil. Genüsslich springt er auf den Zug retroesker Vernarrtheit auf, der momentan eh durch sämtliche Genres rollt. Anders als viele weitere Passagiere besitzt der Musiker und Produzent dabei jedoch das Geschick, seinen eigenen Fingerabdruck zu hinterlassen. Wenn er und seine dann und wann wechselnden Papercuts-Kollegen zu Gitarre, Schlagzeug, Piano oder Synthesizer greifen, dann tun sie dies mit tiefster Gelassenheit. Genau diese durchzieht auch Stücke wie "New Baby", "Family Portrait" oder "Easter Morning". "Life Among The Savages" ist wie ein von der Sonne beschienenes Haus, dessen Türen und Fenster weit offen stehen, sodass der Wind seicht durch die einzelnen Zimmer ziehen und den Duft frischer Blumen und Gräser mit hineintragen kann. Auch das titelgebende Stück entsendet Schwingungen voller Wärme und Innigkeit und fungiert ganz wunderbar als Vertreter seiner Brüder und Schwestern.
Auf der Weltkarte der Musik gehört die Schweiz insgesamt wohl zu den weniger hervorstechenden Ländern. Zwar haben es einige der dort ansässigen Künstler im Laufe der letzten Jahre schaffen können, sich auch über die Grenzen ihrer Heimat hinaus, einen Namen zu machen, doch ist das noch immer eher die Ausnahme als die Regel. Zu den bekannteren unter ihnen zählt allerdings Priska Zemp alias Heidi Happy. Ihr Chamber Pop, der jedes Wohnzimmer schnell in ein strahlendes Wolkenschloss verwandelt, sicherte der Luzernerin einen sicheren Stand im internationalen Geschehen. Neben Kollegen wie Sophie Hunger oder dem Duo Yello, mit dem sie auch schon kollaboriert hat, verkörpert auch die 1980 geborene Sängerin das viel zitierte Motto Made In Switzerland. Seit 2007 veröffentlichte sie insgesamt vier Alben. Mit "Golden Heart" gesellt sich nun ein fünftes hinzu.
"Golden Heart"
Wie kann man eben diese Platte nun am besten beschreiben? Vielleicht indem man von den Gefühlen spricht, die die 14 darauf befindlichen Stücke mit Nachdruck heraufzubeschwören wissen. Hört man "Golden Heart" zum ersten Mal, entflammt schon nach kurzer Zeit die Neugierde, Heidi Happys Kompositionen gründlich erforschen zu wollen. Drückt man danach erneut auf den Play-Button, wird aus der anfänglichen Neugierde das immer stärker werdende Verlangen, sich vollkommen zwischen den ausladenden Tracks zu verlieren. Spätestens ab dem dritten Hördurchgang gibt es dann kein Entkommen mehr und so verbringt man Stunde um Stunde damit, die Arme auszustrecken, den Kopf zu heben und Songs wie das lässige "Ding Ding" oder das sonnendurchflutete "Welcome Back" mit jeder einzelnen Pore in sich aufnehmen zu wollen. "Golden Heart" ist ein akustischer Energiespender, eine Ode an die Fulminanz des Klanges. Heidi Happy spart nicht an Üppigkeit, sondern setzt diese derart gekonnt ein, dass einem die Dreiviertelstunde Spieldauer wie ein flüchtiger Hauch von Glückseligkeit vorkommt. "Down Town", "The Whistle Song", "Across The Ocean" oder "High Wave" - unterschiedlicher könnten vier Songs auf einem Album fast nicht mehr sein und doch stehen sie allesamt für die wohltuende Experimentierfreudigkeit einer einzigen selbstbewussten Frau. Heidi Happy vereint die Coolness einer KT Tunstall, den Soul einer Martina Topley-Bird und die Verspieltheit einer Mélanie Pain in sich, lässt bei "La Danse" französischen Electro-Chanson und das russische Volkslied "Kalinka" aufeinandertreffen, wagt sich mit "Du Da, Ich Da" selbstbewusst auf die Tanzfläche zu Acts wie Paula und 2Raumwohnung und bietet mit "Maintenant" den behutsamen Ausklang eines wunderbar unkonventionellen Albums.
"Einen hab ich noch..." lässt keine Gelegenheit aus, seine Leser wieder und wieder mit einem Stück dessen zu beschenken, was unsere Redaktion regelmäßig zu Freudentänzen ermuntert. In der Folge ist es heute ein CD-Exemplar von Heidi Happys "Golden Heart", das wir in unserer Verlosung anzubieten haben. Einzige Hürden sind nun noch unsere Gewinnspielfrage und die allseits beliebte Fortuna. Was mögt ihr an unserem Nachbarland der Schweiz am liebsten? Verratet uns dies bis spätestens kommenden Sonntag, den 01.06.2014, und seid eventuell der- bzw. diejenige, der oder die sich bald über das erwähnte Monument bunter Melodien freuen darf. Mitmachen könnt ihr wie folgt. Möglichkeit 1: "Einen hab ich noch..."-Facebook-Seite liken (falls noch nicht geschehen) und das dort befindliche Gewinnspiel-Foto vom 28.05.2014 mit eurer Antwort kommentieren. Möglichkeit 2: Eine Mail mit dem Betreff "Heidi Happy" und eurer Antwort an kontakt.ehin@gmail.com. Die Teilnahme ist nur aus Deutschland möglich und der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Weitere Infos zu Heidi Happy gibt es hier: Offizielle Website | Facebookseite | Soundcloud-Account
Wenn der New Yorker DJ Andrew Butler zum Appell bei seinem House-Projekt Hercules & Love Affair ruft, treten regelmäßig die gefragtesten Stimmen der Independentszene in Reih und Glied an, um dem rothaarigen Grooveexperten mit ihren Kollaborationen zu erfreuen. Ob Anthony Hegarty, der 2008 unter anderem mit "Blind" auf das Debüt der Band aufmerksam machte, oder auch Bloc Partys Kele Okereke, welcher auf dem Nachfolgealbum "Blue Songs" (2011) zu hören ist - Butler hat ein Händchen dafür, Gastsänger zu rekrutieren. So verwundert es keineswegs, dass er wieder einmal alles daran gesetzt hat, um auch für seinen neusten Streich, "The Feast Of The Broken Heart", ein paar farbenfrohe Paradiesvögel mit beatlastigem Futter zu locken. Rouge Mary, Gustaph, Krystle Warren und der amerikanische Songwriter John Grant kamen allesamt herbeigeflogen und begeistern nun durch ihre einzigartigen Beiträge innerhalb der zehn neuen Tracks der Scheibe.
"The Feast Of The Broken Heart"
Inspiriert von Größen wie dem jüngst verstorbenen Frankie Knuckles oder der Ikone Marshall Jefferson orientieren sich Butler und seine Kollegen von Hercules & Love Affair bei ihren Songs mit Vorliebe an der Discomusik der späten Siebziger und Achtziger. Funky und elektrifiziert geht es demnach auch auf "The Feast Of The Broken Heart" zu. Bereits das Cover, welche eine durch die LSD-Brille betrachtete Szene aus den Flintstones darstellen könnte, macht deutlich, dass die Platte allerhand bunte Spitzen zu bieten hat. Und in der Tat wumst bereits der Opener "Hercules Theme 2014", eine Neuauflage des gleichnamigen Stückes von 2008, zielsicher aus den Boxen. Das Zucken sämtlicher Gliedmaßen scheint vorprogrammiert und so entspannen sich die Muskeln erst dann wieder, wenn das letzte Stück "The Key", eine laszive Hymne, seine Runden gedreht hat - zu mitreißend, zu explosiv sind Songs wie "My Offence" oder "Think". Neben dem herrlich eingängigen "Do You Feel The Same" zählen vor allem die beiden von John Grant eingesungenen Tracks "I Try To Talk To You" und "Liberty" zu den besonderen Highlights auf "The Feast Of The Broken Heart". Hat der 1968 geborene Sänger auf seinem letzten Album "Pale Green Ghost" schon gezeigt, dass er durchaus Material für eine ausgelassene Partynacht abliefern kann, wagt er sich nun erneut in die vom Stroboskoplicht erhellte Discowelt.
"The Feast Of The Broken Heart" ist ein fröhliches Album, das mit Statements gegen Homophobie und Andersartigkeit die Engstirnigkeit vieler Zeitgenossen bekämpft.
Wenn man in Zusammenhang mit Musik an Masken denkt, dann fallen einem recht schnell Künstler wie Cro, Daft Punk oder gar Sido ein. Das Spiel mit der Identität kennt kaum noch Grenzen und wird mehr und mehr zur wirksamen Promotionallzweckwaffe. Gleichzeitig lässt sich auch nicht vorhandenes Talent nur allzu gut unter einem Berg von Geheimniskrämerei verstecken. Das Verlangen zahlreicher Hörer, zu erfahren, wer sich hinter der präsentierten Gesichtsverschleierung verbergen könnte, ist meist gewaltig. Neugier gilt als angeborener Trieb des Menschen und insofern scheint es tatsächlich Sinn zu machen, einen neuen Künstler, anstatt mit einem Ausrufe-, mit vielen Fragezeichen zu versehen. Interesse ist Macht und Macht knüpft sich oft an hohe Verkaufszahlen. Auch Lambert, aufstrebender Nachwuchspianist, schmückt seinen Kopf mit einer Maske - einer auffälligen, antilopenartigen. Der Mann, der vor nicht allzu langer Zeit noch mit Reworks von Me And My Drummers "You're A Runner", Boy "Little Numbers" oder Rue Royales "Set Out To Discover" die Youtube-Gemeinde erfreute, präsentiert nun sein erstes, selbstbetiteltes, Album.
"Lambert"
Wer gerne zu den Kompositionen eines Chilly Gonzales den Frühjahrsputz angeht oder seinen nachmittäglichen Kaffee nicht ohne die Untermalung von Nils Frahms Werken genießen kann, für den dürften Lamberts 21 Klavierminiaturen ein wahres Gedicht sein. War es doch sogar Frahm selbst, der seinen Kollegen beim Mixen und Mastern des lang ersehnten Debüts unterstützte. "Lambert" versammelt Melancholie und Frohsinn, Leichtigkeit und Tiefe, Prunk und Schlichtheit. Während "Finally" und "Slot" Anfangs- und Endpunkt der Platte bilden, durchlaufen die Stücke dazwischen die verschiedenartigsten Lichtschattierungen. Mal seicht und verschwommen, dann wieder klar und kantig. Titel wie "Ghost", "Mathilda" oder "Nantes" erweitern das Verständnis moderner Klassik und klingen, mit ihrem Hang zu Pop- und Jazzmomenten, über das Hier und Jetzt hinaus. Zeitlos, magisch, fesselnd. Als perfekter Soundtrack für die Liebe an der Alltäglichkeit sollte "Lambert" Einzug in viele Musikregale erhalten. Der gleichnamige Schöpfer Lambert schafft es zudem, mehr zu sein als ein weiterer aufgeblasener Möchtegern, der eine Scharade nötig hat, um auf sich aufmerksam zu machen. So webt er mit seinen Tracks feine Texturen voller Hingabe und Fantasie.
Regelmäßige Besucher von "Einen hab ich noch..." wissen, was nun folgt. Wie jeden Mittwoch könnt ihr auch heute das eben vorgestellte Album gewinnen. Alles, was dafür nötig ist, ist unsere Gewinnspielfrage zu beantworten, die heute lautet: Was ist euer persönliches Lieblingsklavierstück? Bis kommenden Sonntag, den 25.05.2014, könnt ihr euch über einen der beiden folgenden Wege mitteilen.
Mark Oliver Everett alias E hat bewegte Zeiten hinter sich. Sein bisheriger Lebensweg ist mit zahlreichen Stolpersteinen gepflastert, doch findet der heute 51-Jährige stets Halt und festen Boden in der Musik. Als Kind ist es vor allem seine Schwester Elizabeth, beziehungsweise deren Neil Young Platten und Gitarre, die den noch jungen Oliver faszinieren. Schnell greift er selbst zu allerhand Instrumenten und probiert sich aus. Es folgen erste Promotapes und schließlich auch zwei Alben, die der aufstrebende Künstler unter seinem Pseudonym E veröffentlicht. Während einiger Auftritte im Vorprogramm von Tori Amos holt sich Everett schließlich mit Jonathan „Butch“ Norton Verstärkung ins Boot. Die beiden Männer verstehen sich gut und gründen 1995, zusammen mit Tommy Walter, die Band Eels. Kurz vor dem Erscheinen ihres Debüts "Beautiful Freak" (1996) nimmt sich Everetts Schwester das Leben und gleichzeitig wird bei seiner Mutter Krebs diagnostiziert. Die Welt gerät für E ins Wanken und "Electro-Shock Blues" (1998) darf als Verarbeitungsstrategie und Hilfe zur Selbsthilfe verstanden werden. Finstere Texte und traurige Melodien begleiten die Platte und erst "Daisies Of The Galaxy" (2000) verweist auf den sprichwörtlichen Lichtstreifen am Horizont. Wesentlich erhellender zeichnen Songs wie die akustische Fliegenklatsche "Flyswatter", die auch unser heutiger Klassiker der Woche ist, ein farbenfroheres Bild als die Tracks auf den Vorgängeralben. Everett selbst sagt dazu, dass wenn "Electro-Shock Blues" ein Anruf inmitten der Nacht darstelle, den die Welt nicht beantworten wolle, "Daisies Of The Flaxy" hingegen der Weckruf sei, der dir verkünde, dass dein wunderbares Frühstück fertig wäre. Nach über zwei Dekaden im Geschäft hat sich E einen stattlichen Namen in Branchen- und Fankreisen machen können. Auch wenn seine Eels sich dabei durch eine recht unbeständige Personalpolitik auszeichnen, ist es vor allem Es Kreativität, die das Projekt wieder und wieder zum gefeierten Liveact werden lässt. Bei seinen Shows sorgt der Amerikaner nämlich stets dafür, dass sein Backkatalog im Stil der neusten Veröffentlichung aufgeführt wird. So durchlaufen seine Stücke eine interessante Entwicklung und auch "Flyswatter" klingt heute ganz anders als vor vierzehn Jahren.
Entzückt strömten Millionen von Besuchern 2001 aus den Kinos, nachdem sie für 122 Minuten in das skurrile und gleichzeitig wunderbare Leben der liebenswerten Französin Amélie Poulain eingetaucht waren. Kaum ein französischer Film hatte je für größere Begeisterungsstürme gesorgt. Jean-Pierre Jeneuts "Die fabelhafte Welt der Amélie" entwickelte sich binnen kürzester Zeit zum Kassenschlager, was nicht zuletzt auch an dem einzigartigen Soundtrack lag, den der Komponist Yann Tiersen für das komödiantische Drama beigesteuert hatte. Heute findet man das entsprechende Album in fast jedem gut sortierten Musikregal, und sogar in jenen, die sonst einzig Werke aus dem Mainstream beherbergen. Der verspielte Charme der zwanzig Stücke, mit ihren Akkordeonpassagen und Glockenspielmomenten, traf den Nerv einer Zeit, indem die Menschen sich nach Heimeligkeit und Glück sehnten. So halfen Tiersens zeitlose Stücke schließlich vielen dabei, nach einer gewissen Verwirrung und Perspektivlosigkeit, wieder auf den Boden der Tatsachen zu gelangen. Für den 1970 in Brest geborenen Multiinstrumentalisten bedeuteten sie hingegen den internationalen Durchbruch. Dass Tiersen jedoch weitaus mehr kann, als wieder und wieder die gleiche Platte abzuspielen, stellen seine zahlreichen Studioalben zur Schau, die von Rock bis Chanson nahezu jedes Genre bedienen. Mit "∞" schickt er den Hörer nun auf eine kosmische Reise. "∞" entführt in ein sagenhaftes Paralleluniversum. Geheimnisvoll und von einer nebelartigen Aura umgeben setzt es die Schwerkraft außer Gefecht. Yann Tiersen hat sich Einiges vorgenommen, um auf seinem achten Album, wenn man einmal von all den Soundtracks und Livemitschnitten absieht, neue Klangperspektiven zu entdecken. Zwischen Island und der westfranzösischen Bretagne, der rauen Heimat Tiersens, entstanden die zehn neuen Titel. Abgemischt und produziert wurden sie mithilfe der fachkundigen Beratung von Gareth Jones und Daniel Miller, auf deren Label Mute Records "∞" nun schließlich auch veröffentlicht wird.
Unendlichkeit, Fremde, Leere, Nähe und Ferne. Ob das Eröffnungsstück "Infinity", sein Nachfolger "Slippery Stones" oder auch das donnernde "Midsummer Evening" - auf dem neusten Werk Tiersens wird der Hörer mit einer Mischung aus Sehnsucht, Zuversicht und Haltlosigkeit konfrontiert. Sobald man glaubt, man könne sich an einen der vielen akustischen Fetzen klammern, um in nicht der Weite des Schalls verloren zu gehen, weht ein rauschender Orkan diese Sicherheit schon wieder hinfort. Nicht einmal textlich ist Verlass auf Konstanz. Die Lyrics der Platte bedienen sich sprachlich neben Englisch nämlich auch beim Isländischen ("Steinn), Färöischen ("Grønjørð") und Bretonischen ("Ar Maen Bihan"). Somit bildet "∞" ein gutes Stück der hinreißenden Bitterkeit des nordöstlichen Atlantiks ab. Faszinierend, doch gleichzeitig ungestüm und spröde. Nur bei "Lights" hat man das Gefühl, man könne auf der Oberfläche des salzigen Meeres, eine Reflexion des Sternenhimmels entdecken. Fulminant lässt es sich dann wieder mit "Greenworld", einem der vielen Highlights auf "∞", über die Wellen gleiten.
Abtauchen und das Licht im Dunklen suchen - "In Our Minds", sprich in unseren Köpfen, finden wir den Pfad zur Erkenntnis. Und wenn dann "The Crossing" oder das finale "Meteorite" ihren Teil dazu beitragen, dass dieser von mystischen Melodien gesäumt wird, hinterlässt das einen erhabenen Eindruck. Vielleicht hätte man ein Album wie "∞" nicht unbedingt von Yann Tiersen erwartet, umso schöner ist es jedoch, dass er uns eben dieses auditive Spektakel schenkt.
Vor zwei Jahren veröffentlichten fünf junge Musiker ihr Debüt. Sie taten es dabei vielen anderen Bands gleich und wählten als Titel den eigenen Namen: Yesterday Shop. So weit, so gut. Doch das war es dann auch schon, was das Quintett mit dem Großteil seiner Kollegen gemein hat. Clemens, Daniel, Sönke, Florian und Oli besinnen sich in einer Zeit, in der alle Welt gehetzt Richtung elektronischer Tanzmusik rennt, gern auf akustische Impulse aus den 80ern und frühen 90ern. Shoegaze, Noise-Rock und klassische Alternativesounds sind die Zutaten, die ihre Kompositionen zum Leuchten bringen. Elegant weben Yesterday Shop breite Klangteppiche, auf denen man als Hörer nur allzu gern Platz nimmt. Ihr Erstlingswerk wurde dankend von den sonst recht bissigen Kritikern angenommen und schnell bekamen sie den begehrten "Erfolgsversprechend"-Stempel aufgedrückt. Tatsächlich eine Leistung, wenn man bedenkt, dass kein Plattenlabel die Jungs unter Vertrag nehmen wollte, sodass sie mit Trickser schließlich ihr eigenes gründeten. Nun gibt ihnen genau dieses die Freiheit, kompromisslos dem eigenen Geschmack zu folgen.Und darin scheint auch das Erfolgsrezept der Band, die sich einst irgendwo im Süden Deutschlands gründete, zu liegen. In der Folge meistern sie die schwierige Aufgabe, nach einem gefeierten ersten Album, ein weiteres herauszubringen, nahezu beiläufig. "Parodos" manifestiert den Ruf der Truppe als Vorzeigebeispiele für Künstler aus dem Independentbereich.
"Parodos"
Am Eingang zu "Parodos" wartet mit "Two Beasts" ein monumentales, fast fauchendes Stück. Ehrfürchtig bewacht es den Schatz, den Yesterday Shop mit den zehn Tracks ihrer neuen Platte ausgehoben haben. Auch der Nachfolger "Trees & Games" knüpft nahtlos an die heraufbeschworene Opulenz und Massivität an. Eine Soundästhetik, die man sonst nur noch selten im aktuellen auditiven Geschehen findet. Erstaunlicherweise. Nur ist es eben auch nicht ganz einfach, den Grenztanz pathoslastiger Melodien zu meistern, ohne dabei in die Lächerlichkeit abzurutschen. Solche und ähnliche Sorgen lassen Yesterday Shop jedoch kalt, haben sie doch bereits auf ihrem Debüt bewiesen, dass sie den Umgang mit ausladenden Harmonien bestens beherrschen. Neu ist hingegen die optimistische Leichtfüßigkeit, die Songs wie "Good Life", "The Water" oder "Ghost" begleitet. Yesterday Shop haben sich ein entfaltet, sind hinter dem Vorhang rauschender Texturen hervorgetreten und wagen sich nun Stück für Stück gen Sonnenlicht. Perfekt dosiert ist diese Weiterentwicklung für den Hörer nachvollziehbar und interessant zugleich. Weder 180°-Wende noch Stillstand - die Band schafft die Balllance zwischen Neuerfindung und Besinnung auf ihre alte Stärken mühelos. "White" schwelgt in der Melancholie vergangener Tage, schwingt sich dann aber mehr und mehr zur epischen Ballade auf, "The Bells" hüllt sich in Dunkelheit, "Wounds" besticht durch eine freundliche Zurückgenommenheit, die in heiteren Chorgesängen endet, und "Parodos // Winter Act III" spannt den Bogen zu "Yesterday Shop", auf dem damals "Winter Act I" und "Winter Act II" zu finden waren. Wie es sich für jedes großartige Album gehört, kann auch "Parodos" zum Schluss mit "My Fortune" ein Feuerwerk entzünden, das bis in die Ewigkeit nachhallt. Respekt muss man sich verdienen, Yesterday Shop darf man nach diesem erneuten Geniestreich allerdings beruhigt damit überschütten. Chapeau!
Wir möchten uns nicht lumpen lassen und haben den Herren ein CD-Exemplar von "Parodos" abschwatzen können, welches wir nun gern an einen unserer Leser weitergeben würden. Um in die Lostrommel zu gelangen, aus der der Gewinnername gezogen wird, solltet ihr uns verraten, was euch an der Musik von Yesterday Shop gefällt. Tun könnt ihr dies bis kommenden Freitag, den 16.05.2014, über eine der beiden folgenden Möglichkeiten.
Das Drama "Magnolia" (1999) von Regisseur Paul Thomas Anderson beleuchtet auf einzigartige Weise den Mikrokosmos Zwischenmenschlichkeit, indem es dessen Fragilität in den Vordergrund stellt. An einem vorerst sonnigen Tag in der Stadt San Fernando Valley, Kalifornien, überschlagen sich die Ereignisse im Leben einiger ihrer Bewohner. Ob ein an Krebs erkrankter TV-Patriarch, dessen am Rande der psychischen Belastbarkeit stehende Ehefrau, ein unsicherer Krankenpfleger, eine Familie, die zahlreiche gravierende Geheimnisse unter den Teppich gekehrt hat, ein von Intelligenz gesegneter Junge und dessen Vater, ein zur Witzfigur verkommener ehemaliger Kinderstar, der sich in den Barkeeper seiner Lieblingskneipe verliebt hat, ein wirrer Sexguru oder ein Polizist, der an seinem hohen Maße für Gerechtigkeit scheitert - die allesamt miteinander verbundenen Charaktere des Films bestechen durch ihre Tiefe und Authentizität. Während er an dem Drehbuch zu "Magnolia" arbeitete, ließ sich Anderson regelmäßig von den Kompositionen der amerikanischen Songwriterin Aimee Mann inspirieren. So enterte der Geist ihrer Songs Stück für Stück die Szenerie des Streifens und entwickelte dabei eine atemberaubende Eigendynamik, die schließlich zu einer offiziellen Soundtrackkollaboration führte. Nahezu einmalig in der Geschichte des Kinos ist eine Symbiose aus Musik und Bewegtbild erlebbar, die in dem großartigen Video zu dem Track "Save Me" mündet. Der heutige Klassiker der Woche und gleichzeitig Titelsong von "Magnolia" begeistert durch seine sanfte Schwermütigkeit und seinen Hang zu stiller Eleganz. Während Mann durch die Kulissen des Geschehens schreitet, begegnet sie all den Protagonisten am Scheidepunkt ihres Daseins.
Mit ihren fünfzig Jahren kann die in North Carolina geborene Myra Ellen Amos auf eine bewegte Karriere zurückschauen. Als Tochter eines Methodisten-Pfarrers und einer Mutter, die indianische Wurzeln in sich trägt, fand sie schon früh ihren ganz persönlichen Weg zur Spiritualität. Stimmungen, Gefühle und unbewusste Impulse sind seitdem die Leitfäden ihres Handelns und Schaffens. Was nützen schließlich all die Gedanken, wenn sie einen am Ende von den eigentlichen Wahrheiten des Lebens wegführen? Zu verkopft, und dabei meist auch viel zu unreflektiert, durchlaufen viele von uns die Tage und spüren gleichzeitig eine sich ausbreitende innere Leere. Unter dem Alias Tori füllte Amos selbige Inhaltslosigkeit kompromisslos mit der Musik, bis diese geradezu über den Rand ihres eigenen Horizontes hinausschwappte. Klänge und Melodien wurden im Zuge dessen zu ihren Ausdrucksmitteln, ihren stillen und lauten Begleitern, zu treuen Freunden. Seit "Y Kant Tori Read" (1988) hat Tori Amos bereits dreizehn Studioalben veröffentlicht, darunter zahlreiche Bestseller und Preisträger. Auf diesen jagen sensible und kraftvolle Kompositionen einander und verarbeiten darüber hinaus zahlreiche Schicksalsschläge und Glücksmomente. Doch Tori Amos hat ihre Geschichte noch lange nicht zu Ende erzählt und veröffentlicht mit "Unrepentant Geraldines" dieser Tage ein weiteres akustisches Meisterwerk.
"Unrepentant Geraldines"
Es geht um Frauen, die Vereinbarkeit von Sexualität und einer metaphysischen Kognition, um Sinnessuche, das Älterwerden, aber auch politische Themen wie die NSA-Affäre oder Steuerfahndungen. Tori Amos scheut auch auf "Unrepentant Geraldines" die Auseinandersetzung mit der Vielfältigkeit nicht. Und das weder auf thematischer noch auf akustischer Ebene. Trotz ihrer breiten Fächerung wirkt die neue Platte der Songwriterin dennoch sehr geschlossen. Vom verspielten, hellen Opener "America" bis zum zarten Klavierfinale "Invisible Boy" durchlaufen die vierzehn Stücke interessante Wendungen und besuchen auditive Schauplätze, an die sich selbst die kreative Tori in ihrer Vergangenheit nur selten begeben hat. Mal bluesig und mit Feuer in der Stimme ("Trouble's Lamment"), dann wieder pianolastiger ("Wild Way", "Weatherman", "Selkie", "Oysters") und an der einen oder anderen Stelle recht folkig ("Wedding Day"), experimentell ("16 Shades Of Blue") oder gar komödiantisch ("Giant's Rolling Pin") liefert "Unrepentant Geraldines" einen herrlichen Spannungsverlauf. Zudem lud Tori Amos ihre Tochter Tash ein, um bei dem Stück "Promise" zu zeigen, dass Talent nicht immer eine Generation überspringen muss. Die Stimmfarbe der 13-Jährigen ergänzt die mütterliche nahezu perfekt, greift deren Charakter auf und erweitert ihn durch moderne Akzente. "Unrepentant Geraldines" ist nach "Gold Dust", einem orchestralen Best Of aus dem Jahre 2012, der wahre Rückblick auf das Werk der rothaarigen Musikerin, indem es die Einflüsse aus über zwei Dekaden eindrucksvoll vereint.
Anstatt immer nur über sie zu reden, nahmen wir uns nun wieder einmal ausgiebig Zeit, um uns mit einem Musiker, beziehungsweise einer Musikerin, zu unterhalten. Jófríður Ákadóttir ist nicht nur Teil von Pascal Pinon, sondern darüber hinaus auch Frontfrau der isländischen Band Samaris, die seit 2011 mit ihren Kompositionen für Aufruhr sorgt. Die Mischung aus düsteren Synthietexturen, mystischen Gesängen und ungewöhnlichen Beats, welche den Stil von Samaris kennzeichnet, machte das junge Trio auch über die Grenzen seiner Heimat hinaus bekannt und sorgte vielerorts für Begeisterungsstürme und Auszeichnungen. Am Freitag erscheint „Silkidrangar“, das Zweitwerk von Samaris. Die zehn auf dem Album befindlichen Stücke weisen die Band als einen der vielversprechendsten Nachwuchsacts seit Langem aus. Wir stellten Jófríður im Zuge dessen ein paar Fragen, deren Antworten ihr nun lesen könnt. Am Ende wartet dann zudem noch eine Verlosung, bei dem ihr „Silkidranger“ gewinnen könnt. Wann und wie kam es zur Gründung von Samaris? Wir starteten im Januar 2011, als es sehr dunkel und trüb in Reykjavík war. Áslaug und ich gingen damals beide noch zur Schule und wurden langsam der stetigen Wiederholungen in unseren Leben müde. Die Band begann als Experiment, nahezu als Scherz, entwickelte sich dann aber schnell zu etwas Ernsthaftem. Uns wurde schon früh klar, dass wir gut zusammenarbeiten konnten, vor allem durch unsere verschiedenen Hintergründe. Áslaug und ich sind beide klassisch ausgebildete Musiker. Ich singe und schreibe meine Songs meist auf der Gitarre. Doddi macht schon sehr lange Dancemusik. Mit all diesen Fertigkeiten und Grundlagen formten wir Samaris. Jófríður, zusammen mit deiner Schwester trittst du auch unter dem Namen Pascal Pinon auf. Worin unterscheidet sich Samaris von diesem Duo? Das ist etwas völlig anderes. Bei Samaris kreieren wir eine dunkle Welt, etwas, das weit vom Publikum entfernt ist. Mit Pascal Pinon hingegen wollen wir den Leuten so nah wie möglich sein, reden viel und lassen sie wissen, was wir denken. Zudem schreiben wir auch Songs, mit denen sich die Menschen identifizieren und in denen sie ihre eigene Wahrheit entdecken können.
Euer erstes Album, welches auch den Bandnamen als Titel trägt, vereint die Songs zweier vorangegangener EPs. Seid ihr zurückblickend noch immer zufrieden mit dem Resultat? Es ist wunderbar, sein Material selbst veröffentlichen zu können. Wir Isländer haben alle diese Do-It-Yourself-Mentalität und kümmern uns anfangs gar nicht darum, mit der Labelsuche zu beginnen. Wir sind sehr stolz auf unsere beiden EP-Veröffentlichungen, aber es ist natürlich gut, nun eine Plattenfirma zu haben, wo zunehmend mehr Interesse und Anfragen von außerhalb kommen. Immerhin können wir nicht alle Leute selbst treffen.
Die Kritiker äußerten sich sehr enthusiastisch zum Start eurer Karriere. Baut das irgendeinen Erfolgsdruck bei euch auf? Nein! Ihr unterzeichnetet schließlich bei Björks One Little Indian Records. Wie kam es dazu?
Die Verantwortlichen sahen unsere Show bei den Iceland Airwaves 2012 und kontaktierten uns danach. Wir hatten sie eh schon im Visier und so war es eine große Ehre für uns und passte zeitlich perfekt.
Ist Björk selbst denn ein Idol für euch?
Absolut! Sie ist ein Vorbild und Quelle der Inspiration. Eine der stärksten weiblichen Charaktere in der Geschichte Islands.
“Silkidrangar” heißt nun schließlich eure neue Platte. Was sind die Hauptthemen auf dem Album?
Die Naturelemente, die Nacht, der Ozean, das Wetter, Schwierigkeiten im Leben und Schlaflieder. Silkidrangar bedeutet Seidenklippen, ein sehr visueller Titel, der zum einen eine gewisse Weich- und Sanftheit und zum anderen eine Härte und die Schönheit der Steine und Berge Islands transportiert.
Alle eure Lyrics sind auf Isländisch gesungen. Warum sollten ihnen aber auch Menschen, die nicht dem Inselstaat entstammen, ein Ohr schenken?
Dinge, die man nicht ganz verstehen kann, sind immer auch geheimnisvoll. Isländische Poesie singt sich wundervoll, sie besitzt bereits eine Melodie in der Art und Weise, wie sie geschrieben ist, und hat ihren ganz eigenen Rhythmus und Fluss. Ich glaube, die Worte nicht zu kennen, gibt der Musik eine Struktur. Man kann so zum Kern der Sprache gelangen und all die Klänge und Details wahrnehmen, die ein Muttersprachler nicht bemerkt. Es ist eine andere Erfahrung, wenn Fremde unsere Musik hören. Hoffentlich keine schlechtere.
Worin seht ihr denn die Vorteile, euch in eurer Muttersprache auszudrücken?
Alles kommt direkt von Herzen.
Welche Geschichte steckt hinter dem Track “Ég Vildi Fegin Verda”?
Der Text wurde von dem Dichter Páll Ólafsson verfasst. Er war Alkoholiker und lebte von 1827 bis 1905 l. Ólafsson hatte Frau und Kinder, die er sehr liebte, nur denen er aufgrund seiner Krankheit nie geben konnte, was sie eigentlich verdient hätten. Der Text beschreibt den starken Kontrast zwischen seinen guten und seinen schlechten Tagen und sie sagen wörtlich: Ich würde gern ein leuchtender Tag sein, nur manchmal bin ich dunkel und still wie die Nacht. Die Chords sampelten wir von Doddis alten Vinyls. Beat und Stimmung sind also recht Old School. Ich hatte schon eine Melodie in meinem Kopf, bevor wir den Song zusammentrugen und erst passte sie nicht zu den Akkorden, doch dann funktionierte es plötzlich wie von Geisterhand und hält schließlich den Hörer auf Trab. Im dazugehörigen Video geht es sehr okkult zu. Wie war der Dreh? Der hat sehr viel Spaß gemacht. Wie arbeiteten mit einem Künstler aus Reykjavík zusammen, der Fritz Berndsen IV heißt. Für unsere bisherigen Veröffentlichungen hat er die gesamte Gestaltung gemacht. Die größte Herausforderung war, all die Teelichter anzuzünden. 250 Kerzen brannten zur selben Zeit. Wir rochen recht streng danach.
Ihr drei seid noch sehr jung. Inwiefern passen Jugend und die finstere Atmosphäre eurer Stücke denn zusammen? Unsere Finsternis kommt vom Winter in Island. Was dürfen wir als Nächstes von euch erwarten? Zuerst veröffentlichen wir jetzt das Album, dann spielen wir einige Shows im Sommer, werden ein bisschen reisen, Bräune bekommen, im Ozean schwimmen und schauen, was der Herbst uns bringt.
Wer nach diesem Interview nun keine Lust bekommen hat, sich einmal genauer mit Samaris und "Silkidrangar" auseinanderzusetzen, dem können wir leider auch nicht mehr helfen. Allen anderen möchten wir abschließend die Gelegenheit geben, eins von zwei CD-Exemplaren des neuen Albums der Isländer zu gewinnen, die uns die Promotionagentur Wagmüller freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. Die Frage zum Glück lautet dieses Mal: Wie erlebt ihr Isländisch als gesungene Sprache? Verratet es uns bis spätestens kommenden Freitag, den 09.05.2014, über einen der beiden folgenden Wege und haltet mit etwas Glück schon bald "Silkidrangar" in euren Händen. Möglichkeit 1: "Einen hab ich noch..."-Facebook-Seite liken (falls noch nicht geschehen) und das dort befindliche Gewinnspiel-Foto vom 07.05.2014 mit eurer Antwort kommentieren. Möglichkeit 2: Eine Mail mit dem Betreff "Samaris" und eurer Antwort an kontakt.ehin@gmail.com. Die Teilnahme ist nur aus Deutschland möglich und der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Weitere Infos zu Samaris gibt es hier: Offizielle Website | Facebookseite | Soundcloud-Account
Was denkt wohl Matthew Bellamy, wenn er heutzutage in den Spiegel schaut? Sieht er darin noch immer den Mann, der einst zusammen mit Dominic Howard und Christopher Wolstenholme angetreten war, um ein Gegengewicht zum immer beliebter werdenden Britpop zu schaffen? Wohl kaum. Heute ist Bellamy ein glatter Popstar und wurde gleichzeitig zur Persiflage seiner eigenen Träume. Ausgerechnet der 1978 in Cambridge geborene Musiker, der Mitte der Neunziger mit seiner Band Muse die akustische Andersartigkeit zelebrierte, lässt sich nun besser alles viele andere in die Kategorie Mainstreamikone einsortieren. Vorbei sind die Zeiten von schmerzvollen Melodien, wütenden Arrangements und dem Hang zum Progressiven. Als 1999 Muses Debüt "Showbiz" erschien, das Elemente des Grunge, Alternative und Artrocks kombinierte, war das, als hätten sie eine Art Kriegserklärung an die Kantenlosigkeit ausgerufen. Zwischen klassisch anmutende Pianopassagen, wie beim heutigen Klassiker der Woche "Sunburn", mischten sich immer wieder harte E-Gitarren-Spliter und spitze, fast geschriene, Gesänge. Es gibt nur wenige Songs, die das Wechselspiel von laut und leise, hart und weich beziehungsweise filigran und massiv besser beherrschen. Und doch rutschten Muse im Laufe der Jahre immer mehr vom Thron des New Progs, welcher einst für sie allein errichtet worden war. Stellt man nun "Sunburn" neben die neuste Muse-Single "Panic Station", dann kann man fast nicht glauben, dass diese Tracks tatsächlich von ein und derselben Band stammen sollen. Da diese Entwicklung, wenn man dieses Wort überhaupt benutzen möchte, wirklich wehtut, ertränken wir unseren Kummer nun in der anfänglichen Genialität einer der gefeiertsten Gruppen des letzten Millenniums.
Es ist schon eine Weile her, da machte ein junges Fräulein mit zuckersüßen Hymnen, denen man jedoch einen gewissen bitteren Nachgeschmack nicht absprechen kann, auf sich aufmerksam. 2008 eroberten Lykke Lis "Youth Novels" die Herzen und Abspielgeräte zahlreicher Hörer. Doch seitdem ist viel passiert. Unter den Fittichen von Peter Bjorn And Johns Björn Yttling entfaltete die Sängerin ein gewaltiges Potenzial, flog hoch hinauf in den Pophimmel und lieferte mit "Wounded Rhymes" (2011) einen fulminanten Nachfolger für ihr gefeiertes Debüt ab, der obendrein noch die internationale Hitsingle "I Follow Rivers" enthielt. Wie geht man nun mit dem Erfolgsdruck um, wenn alle Welt schon darauf wartet, dass man mit neuem Material erneut in den Ring steigt, um sich gegenüber seinen Konkurrenten zu behaupten? Lykke Li besann sich auf die Tatsache, dass sie es vermutlich nie allen recht machen können wird und fand mithilfe von Meditation und Poesie zurück zu sich selbst und zu den Geschichten, die noch in ihr schlummerten. Anstatt zudem auf die sich stapelnden Angebote von Produzenten und Plattenfirmen einzugehen, blieb sie ihrer bisherigen Arbeitsweise treu und kehrte zurück in die Arme von Björn Yttling, der gern ein weiteres Mal mit der hübschen Schwedin zusammenarbeitete. "Unsere Beziehung ist wirklich seltsam und mächtig zugleich. Wir
kommen nicht immer miteinander klar. Er will mich oft in die eine
Richtung ziehen, ich ihn in die andere. Wir kämpfen viel und treffen uns
dann irgendwo in der Mitte. So entsteht ein guter Song. Wir fordern
einander heraus.", verriet Lykke Li unseren Freunden von Pink-Pong jüngst in einem Interview.
"I Never Learn"
Insgesamt entstand jedoch nicht nur ein guter Song. Nein, "I Never Learn", das dritte Album der mittlerweile 28-jährigen Songwriterin, hält insgesamt neun Tracks bereit, die allesamt ihre ganz eigenen Reize haben. Wer allerdings ein weiteres "I Follow Rivers" auf "I Never Learn" zu finden versucht, wird recht schnell merken, dass Lykke Li sich von dem aufbegehrenden Revoluzzergeist ihrer "verwunderten Reime" verabschiedet hat, um zu einer pathoslastigeren Schwere überzusiedeln. Schon der Opener "Never Learn" hängt der anfänglichen Leichtigkeit, spätestens mit Einsetzen des Gesangs, ein paar melancholische Gewichte an. Lykke Li befindet sich in einem Alter, das in letzter Instanz das Erwachsensein einläutet - mitsamt all seinen Verpflichtungen und Gefühlszuständen. Was es bedeutet, eine Liebe zu verlieren, macht schließlich "No Rest For The Wicked" deutlich. In dem Stück singt sich Lykke Li von ihren Schuldgefühlen frei und setzt zu einem tiefen Atemzug an, in dessen Sog man sich nur allzu schnell verlieren kann. Auch "Just Like A Dream" besticht durch seine Weitschweifigkeit, die nahezu jeden Winkel der Traurigkeit ausleuchtet. "Mit einem Fuß stand ich dann im Blues, während der andere an der
Grenze zum Psychedelischen verortet war. Genau so sollte es sein, ich
wollte stets, dass sich Bekenntnis und Traum vermischen." So hinterlässt "Silver Line" einen transzendenten Eindruck und darf definitiv zu den Highlights auf "I Never Learn" gezählt werden. "Gunshot" hingegen wartet auf der Mitte des Longplayers mit einer düsteren Gewalt auf, die sich wie ein Schatten verbreitet und schließlich Feuer fängt. Nach jener Verwüstung baut der Lo-Fi-Track "Love Me Like I'm Not Made Of Stone" auf kargem Boden und erinnert an die vielen schönen Demos, die der eine oder andere vielleicht noch aus den Anfängen von Lykke Li kennt. "Never Gonna Love Again" bedient sich einer Soundästhetik, die fast an die der großen Schnulzen aus den Neunzigern heranreicht. Und auch "Heart Of Steel", mit seinem opulenten Chorgesängen im Refrain, hätte man normalerweise nicht unbedingt einer Lykke Li zugeschrieben. Doch sorgen bei jenem Song die geschickten Arrangements, welche sich durch den Einsatz vieler Percussions und nachhallender E-Gitarrenriffs auszeichnen, gerade noch für die Verankerung im Hier und Jetzt. Nach zwei nicht ganz so starken Nummern bildet aber "Sleeping Alone" ein sehr hübsches Finale. Sensibel und mit interessanten melodischen Wirrungen und Irrungen. "I Never Learn" ist anders als das, was Lykke Li uns bisher präsentiert hat. Man merkt den Titeln der Platte an, dass sie der Feder einer gereiften Frau entstammen und so dürfen wir teilhaben an der Metamorphose der Lykke Li. "Mein drittes Album zu machen, war meiner Meinung nach die schlimmste und beste Zeit zugleich."