© by Emma Tillman |
Joshua Tillman scheint ein Faible für aufgeladene Arrangements zu haben, die zwar irgendwie im Folk verankert sind, gleichzeitig aber genüsslich durch angrenzende Genres wie Rock, Indie oder gar Soul spazieren. Nachdem der in einer baptistischen Gemeinde aufgewachsene Songwriter den Gedanken Pfarrer zu werden verworfen und ihn zugunsten einer Musikerkarriere geopfert hatte, verfolgte er letztere mit einem nahezu ungebrochenen Elan. Sieben Soloalben und drei EPs als Joshua Tillman, ein Gastspiel auf dem Fleet Foxes Album "Helplessness Blues" und ein Soundtrack sind Resultat des scheinbar nicht enden wollenden kreativen Rauschs, welcher Tillman seit 2004 begleitet. Und dann war da noch die Sache mit Father John Misty. Unter diesem Alterego veröffentlichte der Amerikaner 2012 das von der Kritik hochgelobte "Fear Fun" und die EP "The Demos". Heute erscheint mit "I Love You, Honeybear" der zweite Longplayer des akustischen Predigers.
Es bedarf meist eines gewissen Abstands, um vergangene Situationen und Momente noch einmal reflektieren zu können - als Father John Misty tut Joshua Tillman dies auf "I Love You, Honeybear" in nahezu narzisstischer Art und Weise. So betrachtet der bärtige Musiker die letzten Jahre, die Beziehung zu seiner Frau Emma und die eigene Person, mit all ihren Stärken und Schwächen, durch die große lyrische Lupe. Passend dazu veröffentlichte der 33-Jährige ein kleines Manifest, das er als Höranleitung getarnt dem Booklet des Albums zur Seite stellte. Auf auditiver Ebene bietet "I Love You, Honeybear" elf Folksongs, die irgendwie dann doch wieder keine sind. Father John Misty tänzelt innerhalb dieser an den Höhen und Tiefen eines bewegten Lebens vorbei, ertränkt seinen Weltenschmerz in souligen Balladen wie "When You're Smiling" und wagt doch ebenso auch tonale Experimente wie bei dem flimmernden "True Affection". Ironie und Sarkasmus durchziehen die Platte derweil wie ein roter Faden und finden in Stücken wie dem von Publikumsgelächter begleiteten "Bored In The USA" ihre Klimax. Indes schunkelt der dem Album seinen Namen gebende Opener "I Love You, Honeybear" kraftvoll durch allerlei anstößiges und doch gleichzeitig eben recht passendes Vokabular. Großes Hörkino auf einer Platte, die nicht weniger bunt ist als ihr Cover. Freunde von Calexico, John Grant oder den besagten Fleet Foxes dürften allesamt gleich begeistert sein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen