Freitag, 18. April 2014

Album-Vorstellung: Kelis "Food"

Kelis
Irgendwie war Kelis schon immer anders als die anderen R'n'B-Künstlerinnen. Sie wollte von jeher nicht in das Bild der Goldketten tragenden, farbigen Powerlady passen, das von Damen wie Rihanna, Ciara, Brandy oder Amerie gern ausgiebig zelebriert wird. Zu bodenständig und irgendwie auch zu kantig wirkte die 1979 in Harlem geborene Sängerin stets. Als Protestlerin machte sie 1999 ihrem Ärger Luft und schrie sich mit "Caught Out There", von ihrem Debüt "Kaleidoscope", die Seele aus dem Hals. In den darauffolgenden Jahren arbeitet Miss Rogers, wie Kelis mit bürgerlichem Namen heißt, mit sämtlichen Größen der Branche zusammen. Darunter The Neptunes, André 3000, ihr Exmann Nas, Cee-Lo Green, will.i.am oder David Guetta. Jeder will die Frau kennenlernen, die es schafft, die Arme soweit auszustrecken, dass sie sich genüsslich innerhalb der kompletten musikalischen Vielfalt bedienen kann, ohne dabei jedoch ihren ganz eigenen Stil zu verlieren. So tanzt sie durch Electro, Hip-Hop, Pop, Jazz oder Reggae und wirkt in jeder einzelnen Bewegung authentisch. Nun wagt sich Kelis erstmals gen Indierock, zusammen mit TV on the Radios Dave Sitek. "Food" lautet der Name des sechsten Studioalbums der Queen of Soul.

"Food"
Reichlich ist der Tisch gedeckt, und zwar an jedem einzelnen Produktionstag von "Food". Dave Sitek wohnt in Los Angelos nur ein paar Gehminuten von Kelis entfernt und was ist schöner, als sich neben dem Songwriting auch um das gemeinsame Leibeswohl zu kümmern? Während allerhand Gerichte und Songs, die wie welche klingen ("Friday Fish Fry", "Jerk Ribs", "Breakfast", "Cobbler", "Buiscuits 'N' Gravy"), zubereitet oder entwickelt werden - Kelis hat nach der Veröffentlichung ihrer letzten Platte einen Kochkurs belegt - steht die Tür des Hauses immer sperrangelweit offen. Dies hat zur Folge, dass Künstler jeglicher Couleur dort ein- und ausgehen. Für ein Stück Hünchen- oder Schweinefleisch, das mit Soßen aus der Hand von Kelis gewürzt ist, hinterlässt manch ein Gast darüber hinaus auch dankbar ein paar seiner Ideen. Am Ende webt sich somit der Geist einer lebensfrohen Gemeinschaft in die 13 Stücke der Scheibe ein. Die kreative Vielfalt kennt keine Grenzen, wodurch "Food" final nach einer bunten Geschmacksexplosion aus Funk und Alternative klingt. Auch die brasilianische Rockgirlkombo CSS unterstützt Kelis beispielsweise auf ihrem Weg in Richtung eines neuen akustischen Horizonts. In perfekter Harmonie reihen sich Perlen feinfühligen Genusses ("Bless The Telephone") an orientalische Träume aus Tausendundeiner Nacht ("Change"). "Rumble" hingegen erinnert lässig an längst vergangene Tage. Generell kommen einem viele Melodien bekannt vor, jedoch ohne den Anschein einer einfallslosen Kopie zu hinterlassen. Es sind oft simple Lines, wie das herrliche Klavierspiel bei "Biscuits 'N' Gravy", die die Nummern auf "Food" zu echten Ohrwürmern mutieren lassen. Zudem konservieren Kelis und Sitek behutsam die Schnittmenge ihrer gemeinsamen Soundpräferenzen, welche sich im Laufe ihrer Leben herausgebildet haben. Gewürzt mit Texten, die von zwischenmenschlichen Beziehungen und deren Auswirkungen. Wenn "Dreamer", als großartig verträumte Ballade, das Album beschließt, dann bleibt ein wohlig angenehmes Gefühl zurück. Einmal mehr wird klar, dass Kelis absolut in der Lage ist, eine Überraschung parat zu haben.


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