Freitag, 4. April 2014

Album-Vorstellung: Thievery Corporation "Saudade"

Thievery Corporation
Nachtclubs. Sie fungieren als in sich geschlossene Zwischenwelten. Sind Platzhalter, die Alltag und Schlaf miteinander verbinden. Regelmäßig verkaufen jene Etablissements ihren Besuchern schillernde Illusionen. Gedämpfte Lichter, sanfte Melodien und die Sinne vernebelnde Getränke - von all dem werden die Menschen angezogen wie die Motten vom Licht. Eric Hilton und Rob Garza lernen sich 1995 in der Washingtoner Eighteenth Street Lounge, über einen gemeinsamen Freund, kennen. Schnell verstricken sich die beiden in Stunden füllende Gespräche. Was sie eint, ist die Liebe zu brasilianischen Klängen und elektrifizierten Arrangements. Wenig später treffen sie sich, um zusammen ein wenig mit Sounds herumzuexperimentieren. Dies ist die Geburtsstunde von Thievery Corporation. In den folgenden Jahren werden Hilton und Garza zu gefeierten Größen der Downtempo-Bewegung. Ob Ambient, Chillout, Trip-Hop oder Dub, es gibt kaum ein Genre aus jener akustischen Nische, in denen man Thievery Corporation nicht begegnet. Ruhm öffnet bekanntlich Türen und so arbeiten Hilton und Garza im Laufe ihrer Karriere mit zahlreichen gefragten Künstlern zusammen. Émiliana Torrini, David Byrne, Bebel Gilberto, The Flaming Lips und viele andere Stars reichen sich die Klinke der Studiotür von Thievery Corporation in die Hand. Sechs Alben und fast zwanzig Jahre nach ihrer ersten Begegnung hat das Duo den Charakter einer kompletten akustischen Sparte mitgeformt. Zeit, sich auf seine Wurzeln zu besinnen.

"Saudade"
Mit dem portugiesischen Wort Saudade, also dem Sehnen oder Verlangen nach einem Ort, einer Sache oder einer Person, betiteln Thievery Corporation ihre neuste Platte. Wonach es Hilton und Garza bei der Entwicklung der dreizehn Songs, die nun in ihrer Gesamtheit "Saudade" formen, verzehrt hat, wird bereits mit den ersten Takten des Eröffnungsstückes "Décollage" klar. Die Natürlichkeit des Bossa Nova, einer Mischung aus Samba und Cool Jazz, einzufangen, danach verlangte es die zwei Herren in der Blüte ihres Lebens. Immerhin war es genau jene Stilrichtung, die sie einst zusammengeführt hatte. In der Folge fahren Thievery Corporation die für sie typischen elektronischen Elemente auf ein Minimum zurück und setzten sie dezent als Begleitung der sonst recht klassisch gehaltenen Stücke ein. Schnell sieht man sich mit einem Glas Wein in der Hand an der Copacabana sitzen, während Tracks wie "Firelight" oder "Nos Dois" im Hintergrund den Sonnenuntergang ankündigen. "Saudade" ist voll von Leidenschaft, Aufregung und nackter Kostbarkeit. Gastsängerinnen wie Langzeitkollaborateurin LouLou Ghelichkhani, Nouvelle Vagues Karina Zaviani, die Newcomerin Elin Melgarejo, das argentinische Talent Natalia Clavier oder die ehemalige Bitter:Sweet-Frontfrau Shana Halligan tun derweil ihr Übriges, um den Hörer in ihren Bann zu ziehen. Und dass ihnen das mit Leichtigkeit gelingt, wird spätestens dann klar, wenn "Claridad" zum verführerischen Tanz ansetzt, "Bateau Rouge" zu einer verheißungsvollen Fahrt auf den Wellen des Rhythmus einlädt oder "Quem Me Leva" das Temperament des südamerikanischen Kontinents entfesselt. Etwas verträumter hingegen geht es bei "No More Disguise" oder "Depth Of My Soul" zu. Fernweh ist bei "Saudade" mehr als vorprogrammiert.



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