Samstag, 1. März 2014

Album-Vorstellung: Beck "Morning Phase"

Beck
Man könnte diesen Artikel mit einer langen Diskussion darüber beginnen, inwiefern die religiöse Einstellung eines Musikers auch für die Beurteilung seines Werkes wichtig sein könnte. Beck Hansen, der unter seinem griffigen Vornamen Beck komponiert und veröffentlicht, ist seit vielen Jahren überzeugter Scientologe. So kritisch die Ansichten der dahinter stehenden sektenhaften Gemeinschaft auch sein mögen, umso klarer ist im gleichen Zuge eine ganz andere Erkenntnis. Nämlich die, dass Beck zu den wohl kreativsten und vor allem auch innovativsten Künstlern unserer Zeit gehört. Bereits in den 1990er Jahren machte der heute 43-Jährige dadurch auf sich aufmerksam, dass er mit Vorliebe starre Genregrenzen wie Treibsand ineinander verlaufen ließ. Er kombinierte Stile und Elemente, die zuvor noch als unvereinbar galten. Nur tat er dies mit einer solchen Unbekümmertheit und Furchtlosigkeit, dass das Ergebnis stets völlig schlüssig und kohärent klang. Beck wurde schnell zum gefeierten Alternative-Talent, brachte etliche von der Kritik hochgelobte Platten heraus und arbeitete im Laufe seiner Karriere mit dem Who Is Who der Branche zusammen. Mit "Morning Phase", seinem zwölften Studioalbum, läutet er nun eine sehr bedachte und nahezu spirituelle Ära in seinem Schaffen ein.

"Morning Phase"
Wenn die Nacht ihren dunkelen Vorhang lüftet und somit gleichzeitig Platz für die ersten gleißenden Sonnenstrahlen des Tages schafft, dann verwandelt sich die Erde in einen lebensbejahenden Ort. "Cycle" und "Morning", die beiden ersten Stücke auf "Morning Phase", bilden in ihrer Symbiose die perfekte akustische Untermalung für jenes Spektakel. Auch in der Folge bleiben Stücke wie "Heart Is A Drum", "Say Goodbye" oder "Blue Moon" jener Klangästhetik treu. Sphärische Folkarrangements reihen sich gekonnt aneinander und blenden das Gemüt. So steht das Cover des Albums in direktem Bezug zu seinem Auftakt. Wir erleben einen Beck, der sich als Wanderer immerzu mit der Rotation des Lichtes bewegt und so seine Konturen im hüllenlosen Weiß verliert. Selten hat eine Platte eine derart klare Linie, einen so greifbaren Charakter besessen, der ohne großes Zutun die Stimmung des Hörers zu erhellen vermag. Etwas schwerer und nachdrücklicher präsentiert sich dann "Unforgiven", welches unvermeidbar zu dem verheißungsvollen Wendepunkt "Wave" führt. Einem kühlen Regen, einem grauen Wolkenschimmer. Schließlich beginnt dann, nach jenem kurzen Wetterumschwung, die zweite Hälfte von "Morning Phase" mit "Don't Let It Go" ein wenig reduzierter und karger, ja, fast gereinigt. Der anfängliche undurchdringliche Nebel ist einer neuen Klarheit gewichen, sodass "Blackbird Chain" mühelos das melodiöse Hoheitsgebiet erobern kann. Doch nur für einen kurzen Augenblick, denn "Phase" ruft in Erinnerung, was in Vergessenheit zu geraten drohte. Zusammen mit "Turn Away" schließt es den Kreislauf, den "Cycle" und "Morning" einst begannen. Als Zugabe schiebt Beck noch die eher klassischen Songwriter-Tracks "Country Down" und "Waking Light" nach. Wäre nicht der fade Beigeschmack von Ron Hubbards viel diskutierter Vereinigung, könnte man "Morning Phase" beinahe etwas Göttliches attestieren.


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