Freitag, 19. September 2014

Album-Vorstellung: alt-J "This Is All Yours"

© by Laura Coulson
Der Titel des Debüts von alt-J, "An Awesome Wave", darf nachträglich wohl als eine der treffsichersten Prophezeiungen der letzten Jahre verstanden werden, folgte doch auf die Veröffentlichung eben dieser Platte eine wahre Flut an Auszeichnungen und Huldigungen für das Herrenquartett aus Leeds. Nicht zuletzt durfte in diesem Zuge sogar der angesehene Mercury Prize, welcher jährlich für das beste britische Album vergeben wird, mit nach Hause genommen werden. Doch wie geht es weiter nach einem solchen Erfolgswahn? alt-J entschieden sich, nicht lange zu fackeln und den Moment der Euphorie und Erregung zu nutzen, um an einem Nachfolger für "An Awesome Wave" zu arbeiten. Dass dabei ein unheimlicher Druck auf ihren Schultern lasten würde, war der Band von Anfang an bewusst - immerhin warteten bereits Tausende Hörer sehnlichst darauf, mehr von den experimentellen Klängen vernehmen zu dürfen, die alt-J in Songs wie "Tessellate" oder "Breezeblocks" zur Schau gestellt hatten. "This Is All Yours" heißt nun das Zweitwerk des vom Quartett zum Trio geschrumpften Ensembles. Ein Geschenk an die Fans?

Anstatt sich von allerhand Schmeicheleien und Angeboten verführen zu lassen, versuchten alt-J die Bodenhaftung nicht zu verlieren und leisteten sich von ihren Einkünften einzig ein Apartment im Londoner Stadtteil Hackney, um dort an den dreizehn Songs zu tüfteln, die sich nun auf "This Is All Yours" versammeln. Alles beginnt dabei, wie auch schon auf "An Awesome Wave", mit einem recht umfangreichen Intro. Ebenso wie sein Äquivalent versteht es auch der erste Track auf "This Is All Yours", die Gewaltigkeit der ihm zugehörigen Platte einzufangen, zu filtrieren und in seiner Essenz peu à peu freizugeben - als würde man vorsichtig den Vorhang zu einer Bühne lüften, auf der Tiger durch brennende Reifen springen, exotische Tänzerinnen ihre Hüften kreisen lassen und es sich doch gleichzeitig auch jemand auf einer alten Couch gemütlich macht, um Gute-Nacht-Geschichten zu erzählen. "This Is All Yours" lebt von Kontrasten. Mal forsch und ungezügelt und dann wieder dezent und sensibel unterstreichen Stücke wie "Every Other Freckle" oder "Choice Kingdom" die akustische Vielfalt, für die alt-J vielerorts geschätzt werden. Da folgt dann auf ein leichtfüßiges "Warm Foothils", bei dem sich Conor Oberst, Lianne La Havas, Sivu und Marika Hackman als Gastsänger verantwortlich zeigen, auch schon mal ein sich zuspitzendes und von zahlreichen Beats in Szene gesetztes "The Gospel of John Hurt". Neben etlichen Metaphern und Verweisen ist es vor allem der japanische Naturpark Nara, der als Zentrum der Kreativität und Inspiration auf "This Is All Yours" dient ("Arrival In Nara", "Nara", "Leaving Nara"). Doch damit nicht genug - das vor Wochen als rotziger Appetithappen entsendete "Left Hand Free" und das mit einem Sample von Miley Cirus versehene "Hunger of the Pine" überraschen durch innovative Impulse. Wer hätte gedacht, dass alt-J es tatsächlich schaffen würden, an die Genialität ihres zu recht umjubelten Debüts derart gut anzuknüpfen. Wir sind begeistert!




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