Album-Vorstellung: Jennie Abrahamson "Gemini Gemini"
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© by Paulina Persson |
Musik aus dem hohen Norden ist oft rau und kantig. Die dort ansässigen Künstler scheinen es zu lieben, mit ihren Stücken einem ganz eigenwilligen, unbändigen Stil zu folgen, der durchaus schon mal dazu führen kann, dass man sich als Hörer völlig überfordert fühlt - als stünde man beispielsweise vor einem riesigen Eisberg und wisse nicht, wie man diesen umgehen, geschweige denn, bezwingen könne. Etwas anders verhält es sich da mit den Kompositionen der Schwedin Jennie Abrahamson. Durchflutet von Licht und Wärme werden diese zu einer Art seidenem Schal, der auf der Reise durch den Winter Gemütlichkeit spendet. Binnen weniger Jahre schaffte es die hübsche Sängerin, sich einen Namen in ihrer Heimat und dem angrenzenden Ausland zu machen. Jüngst reiste sie dann im Gepäck von Altrocker Peter Gabriel um die ganze Welt und hinterließ vielerorts einen bleibenden Eindruck. Mit "Gemini Gemini" veröffentlicht Jennie Abrahamson heute ihr bereits viertes Studioalbum, das im Zyklus eines ganzen Jahres entstand, und mit Ane Brun, Nina Kinert, Linnea Olsson und dem Produzenten Johannes Berglund, ein paar recht prominente Mitwirkende vorweisen kann.
Schneeflocken, die sich im Spiel der Sonnenstrahlen brechen, zarte Wellen auf einem ruhenden Weiher, ein Reh, das vorsichtig durch das knackende Unterholz springt - "Gemini Gemini" beschwört zahlreiche Bilder herauf, die in eine Szenerie geleiten, bei der jeder einzelne Atemzug in der Stille zu vernehmen ist. Die Produktion von Songs wie "Snowstorm", dem gleißenden "Dance With Me" oder "Lake Geneva" veranlasst dazu, sich mit dem Phänomen der Perfektion auseinandersetzen zu müssen - so glatt, so makellos wirken die Oberflächen der Stücke. Jedoch, ohne dabei gefällig zu sein. Jennie Abrahamson gelingt es, eine akustische Nische zu besetzen, deren Existenz überhaupt nicht bekannt war. Unverblümt stellt die Songwriterin dramatische Einflüsse der Eighties ("Phoenix", "Wolf") neben vor sich hin rieselnde Dreampop-Texturen ("Entity", "Wild Is The Heart") und traditionellere Impulse ("The War", "Let's Have A Child"). Die Koexistenz von Minimalismus und Opulenz hat man in dieser Form selten gehört. Und das scheint Jennie Abrahamsons Erfolgsrezept zu sein. "Gemini Gemini" wagt eine Romanze mit dem Kitsch, ohne sich jedoch von ihm überwältigen zu lassen. Pop 2.0.
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