Freitag, 4. Juli 2014

EP-Vorstellung: Phoria "Display" (+ Interview)

Phoria
Musik ist ein Rätsel. Ein Geheimnis, dem schon zahlreiche Generationen von Menschen verfallen sind, nur um schlussendlich an der Tatsache zu scheitern, dass dieses Mysterium wohl nie vollständig ergründet werden kann. Ein paar Jungs aus dem englischen Brighton scheinen dies hingegen verstanden zu haben. Seryn Burden, Tim Douglas, Jeb Hardwick, Trewin Howard und Ed Sanderson gründeten vor Jahren die Band Phoria und folgen seitdem unbeirrt ihren Instinkten und Gefühlen, wenn es darum geht, Songs zu schreiben. Als Ergebnis präsentierte das Quintett 2010 seine Debüt-EP "Yourself Still" und im letzten Jahr eine weitere Sammlung von fünf einzigartigen, ja beinahe schon majestätischen, Soundgebilden, die sich unter dem NamenBloodworks“ vereinten. 2014 ist es Zeit für eine weitere Veröffentlichung. Die EP „Display“ erscheint heute auf dem Berliner Label Humming Records.

"Display"
Wo „Bloodworks“ mit dem finalen Stück „Posture“ der Apokalypse entgegenritt, greift „Display“ den Schwung seines Vorgängers auf und hebt ihn auf eine neue akustische Ebene. „Emanante“, der Opener der EP, entzündet die Platte mit der Behutsamkeit eines Streichholzes. Sanft züngeln seine Flammen, bis die Umgebung jedoch Feuer fängt. Plötzlich findet sich der Hörer in einem hitzigen Inferno wieder, bei dem monumentale Songstrukturen einstürzen wie Kartenhäuser. In der Verwüstung des Augenblicks wird „Undone“ geboren - ein zartes, anmutiges Stück. Dream Pop, Shoegaze und Postrock zeigen sich dabei von ihrer reinsten Seite. Ein wenig an Thom Yorkes „Black Swan“ erinnert hingegen „Atomic“, der Folgetrack. Phoria beweisen erneut ihr Gespür für interessante Melodien und unerwartete auditive Wendungen. Selten hat man Originalität derart spüren können. Während die Gänsehautwellen nicht abebben wollen, läutet „Efforttobreathe“ das gedämpfte Finale der "Display"-EP ein - sozusagen als Ruhe nach dem Sturm.



Unsere Redaktion ist hin und weg von der Finesse und gleichzeitigen Wucht, die Phoria auf ihrer zweiten EP ausbreiten. Selten hat uns ein Werk auf Anhieb derart gut gefallen und so prognostizieren wir der Band gern eine aussichtsreiche Zukunft.

Da es noch relativ wenig Informationen zu Phoria gibt, ließen wir uns zudem die Gelegenheit nicht entgehen, den Herren selbst ein paar Fragen zu stellen. Genauso undurchsichtig wie die Musik der Gruppe fielen allerdings auch die Antworten aus, die uns Bassist Tim Douglas zurücksandte. Vielleicht gilt es, zwischen den Zeilen zu lesen.
 
Wer steckt hinter Phoria?

Alle anderen! 

Wie kam es zur Gründung von Phoria? 

Wir lernten uns in Brighton kennen, wo wir auch jetzt noch leben, aber unsere Beziehungen reichen Jahre zurück. Trewin, Ed und Jeb gingen in die gleiche Vorschule. Sie lernten ihre ersten Instrumente gemeinsam, spielten vermutlich gemeinsam mit Spielzeugautos und tuschelten zusammen über Mädchen. Ihre Verbindung ist der Kern der Band. Sie haben ein tiefes Verständnis füreinander, weil sie sich gegenseitig in der Ausprägung ihres Geschmackes beeinflusst haben.  Ich traf Ed und Jeb an der Uni, wo wir dank einer gemeinsamen Liebe für verrückte Gitarren und laute Rockmusik, zu der du deinen Kopf demolieren kannst, zusammenfanden. Wir blieben in Kontakt, und nachdem ich ein paar Jahre lang Blues-Cover im Südwesten zum Besten gegeben hatte, kam ich zurück nach Brighton, um dort Bass in einer Progressive-Pop-Band zu spielen. Es ist seltsam, wie Dinge passieren und wie zufällige Umstände deine Entwicklung beeinflussen können.

Warum habt ihr euch für Phoria als Bandnamen entschieden? 

Ich weiß nicht mehr, ob wir zuerst das Logo designten oder einen Namen fanden und dann den Stil anpassten. Auf jeden Fall sah Phoria geschrieben gut aus. Zudem beschwört Phoria ein Gefühl herauf. Irgendwie funktionierte der Name einfach. Bandnamen sind das Schwierigste. Dass es überhaupt irgendeine Gruppe schafft, einen zu wählen, das ist für sich genommen schon ein Wunder!

Verfolgt ihr eine bestimmte Philosophie? 

Ehrlichkeit. Eleganz. Spaß. Generell ist das aber eher eine Annäherung hin zu sich selbst und allem, was zur Musik gehört, als eine bestimmte Philosophie. Trewin schrieb mal ein paar Punkte für Seryn auf, wie man dem Musikmachen nahekommen könnte. Ich heftete diese an eine Wand und machte ein Foto mit meinem Handy, damit auch ich sie künftig haben würde. Die Punkte sind simpel, aber sie funktionieren. Der Junge hat ein Talent dafür, komplexe Ideen auf ihre Essenz herunterzubrechen. Minimale Komplexität. Mit wenig erreichst du viel. Wie hört sich das an? Großartig, oder?

Wie würdest du selbst den Sound eurer neuen EP „Display“ beschreiben? 

Da gibt es Bässe, Drums, Gitarren und Synthesizer. Und Gesang. Kennt ihr das Gefühl, wenn man an einem heißen Tag in einen eiskalten Pool geht und an der Stelle, wo die Wasseroberfläche deinen Körper umschließt, eine Taubheit entsteht? Nur was will er uns damit sagen?  

Inwiefern ist „Display” anders als eure letzte EP „Bloodworks“? 

Je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr glaube ich, dass sie ein wenig schmutziger ist. Wir selbst werden zunehmend verbrauchter, jetzt wo der Alltag als Musiker langsam seine Opfer fordert und ich denke, das spiegelt sich hier wieder. Es geht mehr um die Schönheit einer Stadt bei Nacht als um die Schönheit eines brennenden Sternes in irgendeiner vernachlässigten Ecke des Universums, worum es sich aber etwas mehr bei „Bloodworks“ drehte. Wir sind gewachsen.

Welche Geschichte steckt hinter dem Stück Emanante

Das kann ich nicht sagen. Wirklich nicht. Ich höre im Moment Eartha Kitt und wollte gerade pausieren, um „Emanante“ anzumachen und zu versuchen, wirklich einzutauchen, damit ich erzählen kann, worum es meiner Meinung nach geht und woher der Track entstammt, aber ich kann das nicht. Ich bin da wohl der Falsche. Außerdem ist es egal, was dahinter steckt. Stellt euch vor, ihr würdet denken, es ginge um Liebe und Glück und dann würde ich sagen, der Song erzähle vom Verlieren beim Golfen. Was bringt es? Trefft mich an einem anderen Tag und ich kann mich eventuell darauf einlassen, aber ihr hattet leider Pech.

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