Album-Vorstellung: Morcheeba "Head Up High"
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Morcheeba |
Morcheeba sind seit jeher das Salz in der Trip-Hop-Suppe. 1995 gründeten die Brüder Paul und Ross Godfrey zusammen mit Sängerin Skye Edwards die Band, welche im Laufe der Jahre zu einer festen Institution in der bunten Musikwelt avancierte. War ihr erstes Album "Who Can You Trust?" (1996) noch von düsteren, vor sich hinwabernden Soundtexturen geprägt, wie es für den Trip-Hop typisch ist, klärte sich mit jedem darauf folgenden Album der tonale Himmel ein wenig und Morcheeba wurden zunehmend zu wahren Paradiesvögeln innerhalb des von Understatement geschwängerten Genres, das einst in Bristol seine Geburt gefeiert hatte. Mit weit gespannten Schwingen hoben die drei Musiker also ab und überflogen sorglos die Weiten von Pop, Chill-Out und Funk. Der Trip-Hop-Käfig war mit der Zeit einfach zu eng geworden. 2004 machte dann jedoch ein Sturm dem unbekümmerten Treiben ein jähes Ende. Skye verließ die Band und hinterließ eine klaffende Wunde, die auch zahlreiche Gastsänger auf den Alben "The Antidote" (2005) und "Dive Deep" (2008) nicht zu füllen vermochten. Erst der Blick zurück, auf eine der erfolgreichsten Karrieren innerhalb dieser harten Branche, führte 2010 zu einem versöhnlichen Comeback in der Ursprungsformation. "Blood Like Lemonade" hieß schließlich das Resultat ihrer Reunion. Das Album war von einer gewissen Vorsicht geprägt, nicht gleich über die Stränge schlagen zu wollen, sondern sich stattdessen in ruhigeren, gesetzteren Arrangements zu versuchen. Mit dem neusten Werk "Head Up High" hebt das Trio im wahrsten Sinne des Wortes seinen Blick wieder und in den Augen von Paul, Ross und Skye funkelt ein gieriges Verlangen.
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"Head Up High" |
"Head Up High" ist all das, was sein Vorgänger "Blood Like Lemonade" nicht war. Ein Bad voller Schaum, das bereits der Opener "Gimme Me Your Love" radikal zum Überlaufen bringt. Da schwirren elektrifizierte Seifenblasen durch die Luft und Skyes Stimme versinkt zwischen heftig pulsierenden Grooves. "Gimme Your Love" zeigt darüber hinaus eindrucksvoll, dass Morcheeba nichts von dem lasziven Charme verloren haben, der einst "Fragements Of Freedom" (2000) und "Charango" (2002) zu wahren Publikumslieblingen machte. Dass aber auch das extrovertierte "Dive Deep" mit Skye hätte ganz anders klingen können, stellen Stücke wie "Face Of Danger" und "Release Me Now" unter Beweis. Beinahe countryeske Einflüsse verschmelzen da mit Electro und einer guten Prise Hip-Hop zu einem energetischen Gemisch. Auch ihrer Herkunft, dem Trip-Hop, huldigen Morcheeba auf "Head Up High". Jedoch nicht, ohne ihn dabei in ein enges Pop-Noir-Korsett zu schüren ("To Be", "To The Grave"). Im Song "Make Believer" erklingen hingegen klare Reggae-Verweise, die noch einmal verdeutlichen, wofür der Bandname Morcheeba ursprünglich einmal stand. "More cheeba" heißt im englischen Slang nämlich so viel wie "mehr Gras". Die Sinne vernebelnd gleitet der Hörer dahin und findet bei "Hypnotized" oder dem sanften "Finally Found You" jenen Stoff, aus dem Tagträume gemacht sind. Von ihrem letzten Soloalbum "Back To Now" hat Skye einige Schwaden futuristischen Up-Tempos auf "Head Up High" herüberwehen lassen, die "Under The Ice" zum Knirschen bringen und "Do You Good" auf dem Trommelfell auspressen als handele es sich dabei um eine saftige Zitrone. Sauer, süß, salzig, scharf. "Head Up High" hält für jeden Geschmack etwas bereit und genau dafür hat man Morcheeba einst so geschätzt.
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