Freitag, 24. Oktober 2014

Album-Vorstellung: Lamb "Backspace Unwind"

© by Strata
Irgendwann hatten sie genug - genug von all der Verschwendung, die das musikalische Verständnis der Neunziger durchzog wie ein roter Faden. Lou Rhodes und Andy Barlow gründeten ihr Duo Lamb zu einer Zeit, als das Geschäft mit Tonträgern noch wirklich florierte. Newcomern wurden damals Unsummen zur Verfügung gestellt, damit sie an ihren Alben arbeiten konnten. Dabei war jedoch nicht immer der Weg das Ziel, sondern oft nur die Pflastersteine von Belangen, die eben diesen zierten. Wen wundert es da, dass zahlreiche Künstler abhoben wie Düsenjäger, die keine Limits mehr kennen, und völlig den Bezug zum Boden der Tatsachen verloren? Nur eine Handvoll dieser befeuerten Talente schaffte tatsächlich den Flug über die Millenniumswende hinweg - der Rest scheiterte irgendwann an der eigenen Maßlosigkeit oder der Tatsache, das auch Ruhm vergänglich ist. Selbst die recht gefestigten Mitglieder von Lamb blieben nicht unbeeindruckt von den Erfolgen, die sie mit ihren Platten verzeichnen durften. Nur kam es auch bei ihnen zum Kollaps und eine Pause musste her. Während sich Lou und Andy in den darauf folgenden Jahren auf neue Projekte konzentrierten, keimte Verlangen, sich eines Tages wieder im Studio treffen zu wollen, jedoch stetig weiter. Das führte 2011 zu "5" und nun zu "Backspace Unwind".

Man kann Lamb wohl nichts mehr vormachen - ihr sechstes Studioalbum "Backspace Unwind" ist ein Geniestreich. Und zwar einer, der mit jedem Hördurchgang außergewöhnlicher und prächtiger wird. Als gestandene Musiker enthüllen Lou Rhodes und Andy Barlow darauf zehn Tracks, die von den Erfahrungen der beiden Individualisten leben und zehren. "In Binary" eröffnet die Platte mit dröhnenden Synthies und donnernden Beats. Doch bereits in der Sekunde, in der Lous markanter Gesang zum ersten Mal hinzukommt, wird das akustische Chaos von einer sanften Wärme durchdrungen, die gleichzeitig als Anker des Stückes fungiert. "We Fall In Love" baut darauf auf und zeigt, dass Lamb entgegen ihres Rufs kein Trip-Hop- sondern vielmehr ein experimentierfreudiger Drum'n'Bass-Act sind - einer, der sich eben gerne organischer Elemente bedient. Und genau diese fließen dann in Songs wie "As Satellite Go By", "What Makes Us Human" oder die beiden Endtracks "Doves & Ravens" und "Only Our Skin" derart sensibel ein, dass sich beim Hörer sofort ein Gefühl von Behaglichkeit einstellt. Im Kontrast dazu stehen kantigere Nummern wie "Seven Sails" oder das basslastige "Shines Like This". "Nobody Else" hingegen wird zum sinnlich säuselnden Electro-Walzer und das titelgebende "Backspace Unwind" fasst ganz beiläufig zusammen, wofür Lamb 2014 stehen: Harmonie.




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