Klassiker der Woche Nr. 95
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Muse |
Was denkt wohl Matthew Bellamy, wenn er heutzutage in den Spiegel schaut? Sieht er darin noch immer den Mann, der einst zusammen mit Dominic Howard und Christopher Wolstenholme angetreten war, um ein Gegengewicht zum immer beliebter werdenden Britpop zu schaffen? Wohl kaum. Heute ist Bellamy ein glatter Popstar und wurde gleichzeitig zur Persiflage seiner eigenen Träume. Ausgerechnet der 1978 in Cambridge geborene Musiker, der Mitte der Neunziger mit seiner Band Muse die akustische Andersartigkeit zelebrierte, lässt sich nun besser alles viele andere in die Kategorie Mainstreamikone einsortieren. Vorbei sind die Zeiten von schmerzvollen Melodien, wütenden Arrangements und dem Hang zum Progressiven. Als 1999 Muses Debüt "Showbiz" erschien, das Elemente des Grunge, Alternative und Artrocks kombinierte, war das, als hätten sie eine Art Kriegserklärung an die Kantenlosigkeit ausgerufen. Zwischen klassisch anmutende Pianopassagen, wie beim heutigen Klassiker der Woche "Sunburn", mischten sich immer wieder harte E-Gitarren-Spliter und spitze, fast geschriene, Gesänge. Es gibt nur wenige Songs, die das Wechselspiel von laut und leise, hart und weich beziehungsweise filigran und massiv besser beherrschen. Und doch rutschten Muse im Laufe der Jahre immer mehr vom Thron des New Progs, welcher einst für sie allein errichtet worden war. Stellt man nun "Sunburn" neben die neuste Muse-Single "Panic Station", dann kann man fast nicht glauben, dass diese Tracks tatsächlich von ein und derselben Band stammen sollen. Da diese Entwicklung, wenn man dieses Wort überhaupt benutzen möchte, wirklich wehtut, ertränken wir unseren Kummer nun in der anfänglichen Genialität einer der gefeiertsten Gruppen des letzten Millenniums.
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