Der 44-Jährige Damon Albarn ist reif für sämtliche Preise, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, ein Lebenswerk zu ehren. Und das in diesem doch recht jungen Alter. Was will uns der Autor damit sagen?
Im Jahre 1989 gründete Albarn zusammen mit drei weiteren Musikern die Band "Seymour". Der eher konservative Bandname, der stark an den Vornamen des Direktors einer fiktiven Zeichentrick-Grundschule erinnert, wurde jedoch schnell abgelegt und wich einem griffigeren "Earcatcher". Als "Blur" war der Weg in eine neue Zukunft frei und schnell avancierten die vier Jungs aus London zu DEN Britpoppern neben Oasis.
Doch das war erst der Anfang einer steilen Karriere. Albarn wollte mehr und vor allem keine Kompromisse eingehen. So erschuf er 1998 mit den Gorillaz die erste Comic-Band der Welt und gleichzeitig für ihn die Legitimation auch fernab des Rocks musikalische Pfade zu erkunden. Die Elektro-HipHop-Äffchen schafften es eine neue Musikrichtung zu etablieren und zudem Brücken zwischen Genres zu schlagen, die vorher als absolut unvereinbar galten.
Im nächsten Projekt mit Namen "The Good, the Bad and the Queen" erweckte Albarn dann zusammen mit dem nigerianischen Musiker Tony Ellen mal eben den Sound der 60er wieder, verpasste ihm einen neuen Anstrich und sorgte für Gefühle von Abschlussball-Euphorie bishin zu Kriegsaufbruchsstimmung.
Mit Ellen weiterhin im Gepäck trommelte Albarn weitere Musiker wie Flea, Erykah Badu und M.anifest zusammen, um unter dem Namen "Rocketjuice and the Moon" das erste ausschließlich Funk geprägte Projekt seiner Karriere ins Leben zu rufen.
Neben etlichen Gastauftritten bei Massive Attack, Fatboy Slim, Nathan Haines und anderen, sammelte Albarn dann Erfahrung in Sachen Soundtrack. Zusammen mit der Filmmusik-Legende Michael Nyman schrieb er die Musik für den Film "Ravenous", bevor er dann im Alleingang die passende klangliche Untermalung zum isländischen Independent-Film "101 Reykjavík" beisteuerte.
Achso, man sollte es nebenbei noch erwähnen... dieser Mann hat nebenbei auch eine Solokarriere, in die er anscheinend sein letztes Stück Freizeit investiert. Resultat dieser waren neben einem regulären Studioalbum "Democrazy" auch zwei Musical-Opern. Zum einen "Journey To The West" aus dem Jahre 2008 und nun das neue Werk "Dr. Dee", welches in der heutigen Albumvorstellung genauer unter die Lupe genommen werden soll.
Das lange Vorwort dazu zeigt, dass Damon Albarn die Musikbranche mehr als in der Hand hat und jeden mit Freude an seiner künstlerischen Selbstverwirklichung teilhaben lässt. Sollte er irgendwann den Preis fürs Lebenswerk erhalten, dann stehen vermutlich weit über 30 Alben hinter ihm.
Nun zu "Dr Dee". Albarn ist nicht der erste Independent-Musiker, der sich in das doch eher schwer zugängliche Terrain der Oper und des Musicals wagt. The Knife oder jüngst Cocorosie überzeugten mit Projekten in diesem Sektor, die aber nicht jedem ihrer Fans zugesagt haben dürften.
Inspiriert ist die gleichnamige Oper "Dr Dee: An English Opera" vom Leben und Wirken des John Dee, der britischer Mathematiker, Astrologe und allem voran Berater der britischen Königin Elizabeth I. war. Schon mit Beginn der Platte wird eins klar: hier handelt es sich tatsächlich um den Versuch ein klassisches Genre neu zu beleben und mit modernen Elementen aufzupeppen. So sind neben dafür charakteristischen
Gesängen oder Instrumenten wie Cembalo, Harfe sowie diversen Bläsern, auch kleine, jedoch sehr dezente elektronische Akzente gesetzt worden.
Stücke wie "A Man Of England" klingen in den ersten Sekunden zwar als seien sie einem Gorillaz-Album entnommen, allerdings verflüchtigt sich dieser Eindruck schnell, da die typischen Background-Beats ausbleiben und stattdessen eine tiefe Männerstimme den Hörer fesselt, um ihm eine Geschichte zu erzählen.
"Dr Dee" ist ein wahres Experiment für alle Zuhörer, denn das Album ist weder Fisch noch Fleisch. Keine Oper im klassischen Sinne, aber auch keine Rockplatte. Es ist der Versuch einer Synthese, der Albarn erstaunlich gut gelingt, jedoch kaum an seine sonstigen Erfolge anschließen können wird, was die Verkaufszahlen angeht. So kämpfen traditionelle Chorgesänge in Songs wie "Tree of Beauty" zusammen mit typischen Indiemelodien bei "The Marvelous Dream" um die Gunst des Hörers und die Anerkennung, dass Musik nicht immer in "neu" und "alt" unterschieden werden muss.
Um die Unterschiedlichkeit der Platte auf sich wirken lassen zu können, kommen hier nun zwei Tracks zum Anhören:
The Marvelous Dream
A Man Of England
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