Einst waren sie Helden. The Gossip gehörten zu den Bands, die dem Punk ein trautes Plätzchen in der Independent-Musikszene verschaffen konnten. Nicht zuletzt lag dies daran, dass sie bereits am Anfang ihrer Karriere mit Bands wie den Yeah Yeah Yeahs, The White Stripes und The Kills zusammen auf Tour gingen. So wurden sie schnell in den Indie-Kreisen bekannt und konnten sich vor neuen Fans kaum noch retten. Allerdings geschah dies in einer ganz anderen Dimension und Qualität als es einige Jahre später noch einmal der Fall sein sollte. "That's Not What I Heard", "Movement" und "Standing In The Way Of Control" waren die drei ersten Alben von The Gossip, die unverkennbar Elemente des Rocks und des Punks in sich vereinten, laut waren und irgendwie nach "Aufbruch" klangen. Ganz nach dem Motto "Reißt alle Grenzen nieder und seid, wer ihr sein möchtet", kamen Frontfrau Beth Ditto und ihre beiden Kumpanen daher. Zeigten zudem öffentlich, dass sie alle homosexuell sind und waren insgesamt ausgeflippt wie kaum eine Band vor ihnen. "Standing In The Way Of Control" etablierte sich schnell bei Parties als Hit-Lieferant und sämtliche Songs der Scheibe liefen die Plattenteller rauf und runter. The Gossip gefiel der neue Ruhm, den ihr Album mit sich brachte, sie wollten jedoch keine typische Indie-Band sein und strichen ganz schnell das für die Genrekünstler typische "The" aus ihrem Namen. Als "nur noch Gossip" wurde weltweit getourt, wobei sich Frontfrau Beth gerne auf sämtlichen Konzerten auszog und damit das Publikum zu schocken wusste.
Und dann änderte sich plötzlich alles...
Mit "Music For Men" erschien im Jahr 2009 ein Album der Band, das sich deutlich von seinen Vorgängern unterschied. Die Platte hatte einen klaren Disco-Einschlag, den man der Band nicht unbedingt zugetraut hätte. Allerdings funktionierte auch dies vorerst. Immerhin hatten andere Bands auch gerade entdeckt, dass der Electro im Kommen war und verpassten ihren Alben dementsprechende synthie-lastigere Anstriche.
Nebenbei wurde Beth Ditto auch in der Medien-Öffentlichkeit immer bekannter, was sicherlich auch an Karl Lagerfelds Liebe zu der Rubensfrau lag. Sie schien ein neues Frauenbild zu verkörpern, nachdem die Menschen schon lange verlangt hatten. Fern der Modepüppchen und mit einer ordentlichen Portion Emanzipation und Selbstbewusstsein. So avancierte Beth Ditto mit ihrer Andersartigkeit zum Mainstream-Phänomen und nahm ihre Band Gossip gleich mit ins Rampenlicht. Ganze zwei Jahre hielt sich "Heavy Cross", die Dauerbrenner-Single, in den deutschen Top 100.
Viele ursprüngliche Fans wandten sich ab und wurden durch neue ersetzt. Die Band bestreitet dies bis heute. Aber mal im Ernst, da kann Wuchtbrumme Beth Ditto noch so gerne "Menstruationsblutungen" während eines Fotoshootings mit Lippenstift an die Kacheln einer Badewanne schreiben, so recht glaubhaft wirkt sie dabei nicht mehr.
Man darf rätseln wieso der nächste Schritt in Richtung Pop getan wurde, bei dem das aktuelle und gerade neu erschienene Album "A Joyful Noise" von Xenomania produziert wurde. Einer Hitschmiede rund um den Musiker Brian Higgins, die sich für Charterfolge von Kylie Minogue über Cher bishin zu Girls Aloud verantwortlich zeigt. Ist es vielleicht die Hoffnung noch einen Moment im "Hauptstrom" schwimmen zu können? "A Joyful Noise" klingt auf jeden Fall stark danach.
Eine Platte, die irgendwie an einen Kaugummi erinnert. Erst freut man sich auf den neuen Gaumenschmaus und den damit verbundenen Geschmack im Mund, doch dann lässt dieser schnell nach und die zu kauende Masse wird zäh und langweilig. Es gibt keine Highlights auf dem aktuellen Album. Es ist eine Scheibe, die man von anderen Musikern wie vielleicht Madonna erwartet hätte, aber nicht von den ehemaligen Punkern Gossip. Und dabei hatten die jüngsten Ausflüge von Ditto in die "Simian Mobile Disco" darauf hoffen lassen, dass die Band den Absprung noch schafft, bevor sie völlig zum Bubble-Pop verkommt. Nun denn, es bleibt zu hoffen, dass auch der Mainstream bald genug von den drei Amis hat und diese sich wieder darauf besinnen, wo sie eigentlich herkommen und wer sie einst waren. Aktuell gruselt nämlich nicht nur das Albumcover von "A Joyful Noise", sondern eben auch die beschriebene traurige Entwicklung einer ehemals echt tollen Band.
Hier nun ein Monument der Einfallslosigkeit, das auch Beth Dittos einzigartige Stimme nicht mehr retten kann:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen